Erstaunlich was so alles hält - Die Exoten im Pfälzer Sandstein (November 2012)

 

Im Umgang mit Keilen, Friends, Hexen und Sanduhrschlingen als mobile Sicherung sollte der versierte Pfalzkletterer ja erfahren genug sein, um deren Haltbarkeit abzuschätzen. Aber wie sieht es eigentlich mit BigBros, BallNuts, Tricams, Gipsys und Mikrokeilen aus? Hat vielleicht der ein oder andere zu Hause liegen oder schon mal davon gehört. Wie oft hat man die aber am Gurt oder auch gelegt, geschweige denn wer hat Erfahrung damit, was die bei einem Sturz im Sandstein so halten? Da es uns nicht anderst ging schritten wir deshalb kurzerhand als inoffizieller PK-Sicherheitskreis nach dem Motto „Versuch macht klug“ zur Tat. Das Material sollte unter verschärften Bedingungen getestet werden, wozu sich ein verregneter Novembertag anbot, um die kleine Versuchsreihe im nassen und relativ weichen Sandstein in Gimmeldingen durchzuführen. Die Belastungstest sollten möglichst realitätsnah durchgeführt werden, also wurden die Testobjekte kurz über einer der reichlich vorhanden Ösen gelegt (als Absturzsicherung), ein paar Meter darüber geklettert und kurzerhand rein gesprungen (gesichert mit GriGri). Und da wir schon dabei waren haben wir auch noch ein paar an Knotenschlingen mit geprüft… Im Folgenden sind die jeweiligen Sicherungsmittel basierend auf unseren Beobachtungen bewertet.

 

Die BigBro und das Gipsy sind Klemmgeräte für sehr große Rißbreiten (der 5er BigBro ist das Größte kommerziell erhältliche Klemmgerät bis 467 mm Breite, also schon enge Kamine), wie sie ansonsten nur von den ultragroßen und dementsprechend sperrigen Friends/Cams erreicht werden. Das Handling dieser Geräte ist allerdings gewöhnungsbedürftig und es braucht einige Übung um diese aus der Kletterstellung mit einer Hand solide zu legen. Trotz wackeligem Aussehen haben alle drei Klemmgeräte bei allen Testsprüngen einwandfrei gehalten. Das Gipsy hat dabei einen größeren Einsatzbereich, da für die BigBros relativ parallele Rissseiten nötig sind, wie sie sich in der Pfalz eher selten finden lassen. Zudem: Wo ein BigBro #5 reinpasst, geht normal auch ein Kletterer rein und aus einem Kamin fällt man nicht raus!

Fazit: BigBros lassen sich in der Pfalz nur sehr beschränkt einsetzten, das Gipsy hingegen an Stellen, wo sonst ein Cam #6 sinnvoll wäre (dafür gibt allerdings auch nicht viele Routen bei uns), nimmt aber weniger Platz am Gurt weg.

 

Sowohl der kleine- als auch der große Tricam erwiesen sich als wahre „Bomber“ und hielten alle Sprünge (alleine 5 in den Kleinen). Vor allem bei den kleinen Größen ist es allerdings doch Fummelei diese richtig zu positionieren, da man auch mit den Fingern in den Riss kommen muß. Wichtig ist es auch die Tricams gut anzuziehen, sonst können diese durch die Seilbewegung schnell aus dem Riss wandern. Im Prinzip können diese aber an allen Stellen gelegt werden, wo auch Friends gehen bzw. teils an Stellen wo ein Friend zu breit wäre. Aufgrund der einfachen Bauform (keine Mechanik) auch sehr robust.

Fazit: Durchaus eine Alternative zu Friends, etwas umständlicher zu legen und mehr felsschädigend, dafür aber deutlich leichter und preiswerter.    

 

Die BallNuts eigneten sich hervorragend für feine Querrisse bzw. schmale Lettenlöcher/Schlitze, wo ein gängiger Friend einfach zu groß ist. Auf Drehmoment belastet halten die es sehr gut wobei durch den Federmechanismus im Gegensatz zu einem auf Drehmoment gelegten Keil allerdings nicht die Gefahr des Hinauswanderns besteht. Obwohl der BallNut nur an der Außenkante des Schlitzes im nass-dreckigen Fels lag, hielt dieser zig Sprüngen unter Edis vollem Kampfgewicht aus, ohne dass das Klemmgerät oder der Fels Anzeichen von Schwächen zeigten (außer das der BallNut hinterher total verbogen war). In parallelen Längsrissen ist allerdings im Sandstein Vorsicht geboten, da das Gerät nur wenig „expandiert“. Da besser an Stellen legen wo auch ein Keil ginge, allerdings auch hier mit dem Vorteil das die BallNuts nicht so schnell rauswandern.

Fazit: Spezialgerät für feinste Querrisse/Lettenlöcher, wo sonst eigentlich nichts mehr passt. 

 

Der Mikrokeil war eigentlich nur mit im Test, um mal etwas kaputt zu springen, da bei einer vom Hersteller angegeben Bruchlast von 2 kN (ist nicht als Sicherungsmaterial sondern nur zu Fortbewegung beim technischen Klettern gedacht) das Teil nicht mal den kleinsten Hüpfer aushalten sollte. Um das ganz noch etwas zu verschärfen wurde er mit der Schmalseite gelegt und wir davon ausgingen, das sich der glatt durch Gestein schneidet oder abbricht. Pustekuchen! Er hielt, sogar einen Faktor 1 Sturz, indem ich mich mit einer Bandschlinge direkt in den Keil einband und rein sprang (das gab mir allerding auch einen ordentlichen Rums mit).

Fazit: Entgegen allen Erwartungen hielt er, mein Leben würde ich dem trotzdem nicht anvertrauen, besonders da dieser Keil nicht als Sicherungsmaterial ausgelegt ist!

 

Da man ja öfters im Elbsandstein verweilt aber dort ungern in Knoten springt wurde auch noch eine kleine Auswahl Knotenschlingen getestet. Hier lag die Versagerquote allerdings bei über 50 %. Erstens gilt es geeignete Placements zu finden und auch ein Knoten geeigneter Schlingendicke zu wählen. Mit nicht ausreichender Erfahrung auch deutlich mühsamer sauber zu legen als die Klemmgeräte. Die gelegten Knoten wurden zuvor stark im Riß festgezogen und auch mit dem Körpergewicht belastet. Bei nichtidealer Rissverengung rutschte der Knoten trotzdem ohne merkliche Bremswirkung beim Sprung schlicht durch (9er Knoten). Die Affenfaust aus 10 mm Material hielt in seiner Position bombastisch, eine an gleicher  Stelle gelegte Affenfaust aus 8 mm Material wurde, obwohl beim Legen solide wirkend, auch bei Sprungbelastung durch den nassen Riss gezogen. Der 6 mm Reepschnurknoten in der Kerbe hielt auch, ein 10er Knoten an dieser Stelle hingegen war untauglich.

Fazit: Nur mit ausreichend Erfahrung solide zu legen und auch geeignete Placements wollen gefunden werden; Eigentlich nur für Fälle anzuraten, wo man den Rest seines Materials nicht benutzen darf oder nichts mehr am Gurt hat

 

Die Daten der Testobjekte:

 

BigBro #3: Bruchlast 15 kN, 135-202 mm, 264 g; BigBro #5: Bruchlast 15 kN, 287-467 mm, 578 g

Tricam #5: Bruchlast 18 kN, 73-105 mm, 220 g; Tricam #0.5: Bruchlast 9 kN, 16-28 mm, 26 g

Gipsy #3: Bruchlast 14 kN, 120-205 mm, 440 g; Ball Nut #5: Bruchlast 8 kN, 10.5-18 mm, 73 g

Mikrokeil: Bruchlast 2 kN, 4*10 mm, 10 g

 

Abschließend lässt sich nach dieser völlig nichtrepräsentativen Untersuchung sagen, dass die Exoten doch erstaunlich gute Sicherungsmittel im Pfälzer Sandstein sein können und in manchen Fällen durchaus Vorteile haben. Trotzdem sind für die Absicherung der meisten gängigen Wege in der Pfalz aber Friends und Keile eigentlich ausreichend, solange man diese richtig einzusetzen weiß. Aber wer mal was anderes ausprobieren und die Bergsportindustrie unterstützen will, dann los!

 

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© Thomas Schaub