Diverse Heiligtümer und eine abgesoffene Wüste - Israel 2018

 

Zehn Jahre ist es jetzt her, dass ich meinen einjährigen Forschungsaufenthalt in Israel beendete. Es war eine schöne und erlebnisreiche Zeit, in der ich das kleine aber abwechslungsreiche Land und seine Leute gut kennen lernen konnte. Da meine Liebste nach der Schule ein Volontariat in Israel absolviert hatte, haben wir beide einen gewissen Bezug zu dem Land und seinen Einwohnern, was bei mir auch in fünf weiteren Besuchen in den letzten Jahren resultierte. Meine Mutter hingegen kannte Israel bislang aber nur aus unseren Erzählungen und so kam uns die Idee, dass wir ihr eine einwöchige Rundreise zusammenstellen, bei der meine Frau und ich als Reiseleiter fungieren, wir kannten ja im Prinzip eh schon alles; dachten wir zumindest...

 

Weil Israel flächenmäßig nicht sonderlich groß ist, dafür aber ein interessantes Längen-zu-Breite-Verhältnis und damit verschiedenste Naturräume aufweist sowie historisch-kulturell eine enorme Dichte an Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, kann man in einer Woche mit etwas Fahrerei mehr sehen als in den meisten anderen Ländern die ich kenne. Klar, der Nahe Osten ist sicherheitspolitisch eventuell nicht ganz einfach, aber wenn man sich auskennt geht es eigentlich und wie sich im Lauf der Reise zeigte sollte man vor der ganzen Nahostproblematik nicht die Tücken von Mutter Natur ignorieren.

 

Die letzte Aprilwoche wurde als ideale Reisezeit ausgewählt: es normalerweise noch nicht zu warm, die Regenwahrscheinlichkeit eigentlich minimal und das Land doch noch etwas grün ist, aber doch schon warm genug um in einer Woche in drei verschiedenen Meeren zu baden (Rotes Meer, Mittelmeer und Totes Meer; OK, das Tote Meer ist eigentlich ein See, aber wir wollen es doch mal nicht zu genau nehmen und es ist immerhin Salzwasser). Zudem waren in der Woche keine Feiertage der drei großen monotheistischen Religionen im Lande, was es immer etwas relaxter macht. Die Reise brachte uns einmal im Schnelldurchlauf zu den Highlights, ergo eine komplette Rundtour: Jerusalem, Totes Meer, Masada, Eilat, Mitzpe Ramon und Negev, Haifa, Galiläa, See Genezareth, Golanhöhen und zum Abschluss Tel Aviv.

 

 

Der Auftakt wurde in Jerusalem gemacht, wohl die beeindruckendste Stadt die ich kenne: voll historischer und politischer Aufladung gewürzt mit einer hohen Dichte teils seltsamer Leute verschiedener Religionen. Allerdings ist es auch ein Ort an dem ich nie Leben wollte, dazu ist es einfach zu anstrengend. Mit unserem Gast ging es in die Altstadt zu den obligaten Sehenswürdigkeiten wie Grabeskirche, Klagemauer, Ölberg, Via Dolorosa und Tempelberg. Auf den Tempelberg selbst hatten es meine Frau und ich bislang nie geschafft. Viele Jahre waren die Öffnungszeiten für Nichtmuslime etwas zu flexibel weshalb ich nach fünf vergeblichen Anläufen während meines einjährigen Aufenthaltes dort das Handtuch geworfen hatte. Dieses Mal kamen wir aber gerade am Aufgang für Nichtmuslime neben der Klagemauer vorbei, als dieser auch geöffnet war. Diese Chance mussten wir nutzen und so konnten wir dann endlich mal den wunderschönen Felsendom und das Tempelbergareal aus der Nähe beobachten. Ich muss neidlos eingestehen, dass der Felsendom wohl einer der schönsten Sakralbauten ist, den wir je gesehen haben. Ein wahres Meisterwerk muslimischer Baukunst. Im Vergleich dazu sind die christlichen Bauten in Jerusalem doch etwas schäbig, dies muss man neidlos eingestehen.

 

Im Anschluss ging es dann hinunter zum Toten Meer um erst einmal wieder in dieser wunderbaren Salzbrühe zu baden, so lange es noch geht. Wenn die Pläne mit dem Kanal vom Roten zum Toten Meer nicht umgesetzt werden, dann wird man das Vergnügen nicht mehr so lange haben können, weil das Tote Meer bekannterweise stirbt, da es durch Wasserentnahme mehr oder minder von seinen Zuflüssen abgeschnitten ist und austrocknet. Alleine der Rückgang des Nordteiles in den letzten zehn Jahren aus meinen eigenen Beobachtungen ist bemerkenswert. Eine Besteigung von Masada über den Schlangenpfad stand auch noch auf dem Programm, um von dort den Sonnaufgang zu erleben. Ich hatte das zwar schon öfters gemacht, aber meine Mutter war sehr beeindruckt.

 

Durch das Arava wurde dann Eilat und das Rote Meer angesteuert, mit einem Halt im Hai Bar Naturreservat. Dieses fehlte mir nämlich noch als eines der wenigen der 54 ausgewiesenen Naturreservate und Nationalparks im Lande. Im Prinzip ist es eine große, eingezäunte Savannenfläche in denen es diverse Viecher aus den afrikanischen Wüstenregionen hat, die man vom Auto aus recht gut beobachten und fotografieren kann. Auch ganz nett, aber nicht unbedingt mit dem namibischen Busch vergleichbar.

 

 

Nach dem obligaten Bad im Roten Meer fuhren wir dann in die südliche Negev, mit einem Zwischenstopp im kleinen aber pittoresken Red Canyon. Zu unserer Verwunderung zog dort langsam der Himmel zu. Die Wetter-App hatte zwar irgendwie etwas Regen gemeldet, aber das wurde ignoriert, da diese App bei uns den Namen „Lügen-App“ hat und es zudem Ende April in der südlichen Negev normalerweise nicht mehr regnet.

Der Red Canyon ist ein schöner Slot-Canyon aus Sandstein und wir unterhielten uns munter darüber, dass solch ein Canyon oder ein Wadi ein ziemlich ungünstiger Ort für das unwahrscheinliche Ereignis eines Gewitters ist, da man sich dann im Abflusskanal befindet. Die sogenannten „Flash-Floods“ sind selten und Susanne sowie ich konnten noch nie eine beobachten, da diese so schnell gehen wie sie kommen.

Nach dem Canyon legten wir einen Eisstop bei Neot Smadar ein, aber da wurde der Himmel langsam richtig dunkel und Blitz und Donner setzten ein. Jetzt war ich mir langsam nicht mehr so Gewiss, ob es Ende April hier wirklich nicht regnet, dass sah schon verdammt danach aus, als ob es bald krachen würde. Nachdem wir weiterfuhren kamen schon die ersten noch verzagten Tropfen und wir waren erst einmal sehr erfreut, Regen in der Wüste zu haben. Eine sehr exklusive Attraktion für unseren Gast. Wir fuhren noch zu einem Aussichtspunkt über die Paranwüste um den Regen und die Blitze zu beobachten, aber so wirklich kam bei uns nichts runter. Wir waren schon ein bisschen enttäuscht, hatten wir doch erhofft dort oben vom Hügel aus ein paar geflutete Wadis zu beobachten, aber da war erst einmal nichts. Die Ströme waren trocken, wir vermuteten, dass es einfach nicht genug geregnet hatte und es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war.

Unbekümmert setzten wir dann unsere Fahrt durch den Wadi Paran fort und plötzlich fing es an ziemlich stark zu Hageln. Dann ging es auf einmal los: Die braune Brühe kam von Westen her und flutete die ganzen Wadis in der Paranwüste, durch die wir blöderweise noch mussten. Brücken gibt es meist keine, so dass das Wasser über die Straße und nicht drunter durchläuft. Zum Glück sind die Wadis dort noch meist sehr breit, so dass ich mit dem Mietwagen gerade noch so durchkam, auch wenn das Wasser von der Seite schon merklich drückte und auch nicht viel tiefer hätte sein dürfen. Susanne hatte dabei mit dem Handy die Fahrt gefilmt, wo man Elend schön sieht:

 

 

Innert kürzester Zeit verwandelte sich die ansonsten knochentrockenen Ebene in eine Seenlandschaft. Wahrlich beeindruckend, wenn man so etwas zum ersten Mal live mitbekommt. Zwei Stunden vorher waren wir noch im Red Canyon, da haben wir wirklich Dusel gehabt. Andere leider nicht, wie wir die Tage darauf noch mitbekamen: Bei diesen Gewittern im Süden Israels gab es 14 (!) Todesopfer durch die Flash-Floods, davon alleine zehn Jugendliche einer Gruppe. Ganz üble Nummer.

Es sah weiter nach miesem Wetter aus weshalb ich etwas Fersengeld gab, da wir noch durch den Ramon Krater nach Mitzpe Ramon mussten. Etwa eine Stunde nachdem wir durch waren wurden die Straße in den Süden komplett gesperrt und blieb es auch die nächsten zwei Tage wegen Flutwarnung durch weiter Gewitter bzw. die dadurch verursachten Schäden. Auch noch mal Glück gehabt und dann das Ganze mit einem Gast der zum ersten Mal in der Wüste war. Diese soff dann gleich mal ab. Schlechte Planung.

 

 

Nach dem nicht ganz so trockenen Süden schloss sich der Norden an. Wir fuhren nach Haifa, in die alte Wirkstätte meiner Holden und machten etwas Sightseeing. Anderntags wurde im Schnelldurchgang der weitere Norden abgeklappert mit den Arbel-Klippen, dem See Genezareth, einmal über den Jordan gehen (aber wohlbehalten zurück), ein Abstecher in den Golan um den Norden dann in der alten Kreuzfahrerstadt Akko ausklingen zu lassen. Zum Abschluss und als Kontrast zu Jerusalem zum Auftakt der Reise verbrachten wir den letzten Tag in Tel Aviv, wobei wir auf dem Weg auch noch gut Caesarea mitnehmen konnten. Tel Aviv ist nach solch einem Ritt durchs Land ein guter Ort um Fünfe gerade lassen zu sein und so verbrachten wir die Zeit dort primär am Strand und beim Essen. Tel Aviv ist einfach ideal für den gepflegten Müßiggang.

 

Israel war doch mal wieder gut für Überraschungen, auch wenn ich dachte wir kennen das Land halbwegs gut. Zudem konnten wir meiner Mutter auch ein bisschen was dort zeigen und etwas von unseren Erfahrungen weitergeben. Und ich war innerhalb einer Woche in drei verschiedenen Meeren schwimmen. Ha!

 

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© Thomas Schaub