Meteora - Ruhe in den vertikalen Kartoffeläckern (April 2010)

 

Die Planung des Frühjahrsurlaubs 2011 stand an und Susanne wollte endlich mal nach Griechenland, da stellte sich die natürlich die Frage wohin. Das Meer ist mir zu langweilig und auf die Sporthampelei in Kalymnos hatte ich keinen Bock. Also fiel die Wahl auf Meteora. Immerhin sind die Klöster Weltkulturerbe und ein weiteres großes Sandsteinklettergebiet, dass es mal zu klettern gilt (Kommentar dazu im „Rock Climbing Atlas Greece & The Middle East“: As a climber, if there is a place in Europe you must see before you die is Meteora!). Vom sächsischen Klettern beeinflusst erschlossen, viele Routen im moderaten Schwierigkeitsgrat und dazu mehrere hundert Meter hohe freistehende Konglomeratkolosse klangen einfach zu verlockend.

 

Landschaftlich ist das Gebiet großartig, da diese riesigen Klopper (bis ~350 m mit der Südwand der Großen Heiligen) auf einem sehr eng begrenzten Gebiet stehen und die Aussichten immer grandios sind. Die mit Klöstern bebauten Gipfel sorgen dabei für einen interessanten Kontrast.

 

Aufgrund der Nähe zur Straße, der Routendichte und der verhältnismäßig guten Absicherung werden der Doupiani- und der Ambariafels noch recht häufig aufgesucht. Dementsprechend abgelatscht, d.h. von fragwürdigen Kieseln befreit, sind auch die Routen und deshalb für den Anfang gut geeignet, um sich an die Kletterei zu gewöhnen. Der Heilige Geist mit dem „Traumpfeiler“ (in welchem ich allerdings die ganze Woche keine Seilschaft gesehen habe), der „Wahnsinnsverschneidung“ oder dem „Weg des Wassers“ soll wohl auch noch relativ oft bestiegen werden.

 

Am Rest der Felsen kann man davon ausgehen meist alleine zu sein. Generell hatte ich den Eindruck, dass in Meteora nicht sonderlich viel los ist (zumindest was Kletterer angeht; bei den Klosterbesuchern ist genau das Gegenteil der Fall!). Wir waren in der von den klimatischen Bedingungen für das Klettern am besten geeigneten Zeit dort und in der ganzen Woche trafen bzw. sahen wir nur vier andere Seilschaften. Auf der Großen Heiligen haben wir den „Gustl“ (quasi ein Einheimischer) getroffen und er meinte, dass in den letzten Jahren die Zahl der Kletterer dort stark zurückgegangen sei. Seiner Meinung nach ist das auf die Art der Kletterei und die Absicherung zurückzuführen, die bei vielen der heutigen hallendomestizierten Sportkletterer nicht sonderlich hoch im Kurs steht. Wer allerdings erhabene Felsen schätzt, sich eher als Bergsteiger sieht und Zustiege durch die Macchia nicht scheut, hat dafür in dem Gebiet seine Ruhe bei gleichzeitig hohem Erlebnis-wert.

 

In Meteora gibt es zudem noch einige nicht ausgezählte Gipfel. So gelang uns unter anderem die 39te Besteigung des „Rabenturmes“, der mit rund 150 m Höhe nicht unbedingt den Quacken zuzuordnen ist und immerhin schon 1982 von Pit Schubert und Dietrich Hasse erstbestiegen wurde. Quacken sind natürlich auch etliche zu finden, welche zudem meist ein Gipfelbuch aufweisen (auch hier viele nicht ausgezählte wie z.B. der Lilienfels, 41te Besteigung). Auch holten wir uns im April noch vier Jahreserst-, eine Zweijahreserst- und eine Dreijahreserstbesteigung sowie als Sahnehäubchen eine cleane Erstbegehung an der Edelquacke „Kugel“. Daran sieht man, dass doch recht wenig los ist. Ich kann das nicht nachvollziehen, da es sowohl landschaftlich wie auch von der Kletterei her sehr beeindruckend ist und den Besuch definitiv lohnt! Soll die Masse doch nach Kalymnos und in 08/15-Kalksportklettereien rumturnen, ich fürchte mich derweil im Urlaub lieber über die einsamen Kieselwände hoch. Bleibende und eindrückliche Erinnerungen garantiert!

 

 

Tips für Meteora (für Durchschnittskletterer und völlig subjektiv):

 

Die beiden exzellenten Kletterführer von Stutte und Hasse sind hier mittlerweile leider nur noch schwer erhältlich (ich musste meine Exemplare über www.pizbube.ch in der Schweiz beziehen), aber vor Ort in Kalambaka gibt es die noch reichlich in einigen Läden (z.B. im Souvenirladen am Kreisverkehr, wenn es von Kalambaka nach Kastraki geht). Auch sehr hilfreich ist die aktuelle Routendatenbank vom J. Brutscher, welche alle Routen in Meteora beinhaltet. Diese kann man sich kostenlos komplett als Textdatei herunterladen und ausdrucken bzw. auf einem E-Reader mitnehmen. Auf dieser Seite sind auch generell viele hilfreiche Hinweise über das Gebiet zu finden.

 

Wenn man noch nie zuvor im Konglomerat war, dann ist die Kletterei auf den Kieseln zu Beginn doch recht ungewohnt. Aber wenn man dann mal drin ist, macht es echt sehr viel Spaß. Meist überaus interessante Züge, da die Kiesel oft recht maue Griffe bieten, dabei lernt man aber schnell, sauber zu stehen. Erstaunlich, wie oft man da im senkrechten Gemäuer einen No-Hand-Rest hat und gemütlich eine Kartoffel abbinden kann. Die Hakenabstände sind in leichterem Gelände doch recht groß bzw. man muss öfters auch mal eine IIIer- oder IVer SL ohne Zwischensicherung durchsteigen. Dabei handelt es sich dann meist um Platten, die aufgrund der Kiesel zwar leicht zu klettern sind, aber den Abgang darf man da nicht machen. Also alles eher alpines Gelände. Abseits der Modewege (und davon hat es nicht viele) kommt einem dann auch einmal die ein oder andere Kartoffel entgegen und das Gemäuer ist dann öfters mit reichlich Moos belegt („Badezimmerteppich“).

 

Man sollte auf jeden Fall ein 50m Doppelseil einpacken, da die Abseilen meist dafür eingerichtet sind. Als Sicherungsmaterial lassen sich Keile und Friends aufgrund der sehr kompakten und geschlossenen Felsoberfläche nur selten einsetzen (kleiner Satz Stopper und Friends 0.3-3 am Gurt sind trotzdem beruhigend). Die Kiesellöcher taugen als Sicherungen nur sehr bedingt was. Risse sind eher selten und es dominiert Kieselkletterei and liegenden und senkrechten Wänden sowie in Rinnen. Natürlich gibt’s auch einige Delikatessen an herben, schier endlosen Schrubbern, in die haben wir uns aber beim ersten Besuch noch nicht reingetraut (z.B. „Gemeinschaftsweg“ am Alyssos, den „Archimedes“ am Pixari oder den „Talweg“ am Kastrakiturm). Mehrseillängenrouten dominieren und die Seillängen haben selten unter 30 m. Einseillängenrouten mit Klettergartencharakter sind rar. Viele Schlingen einpacken, v.a. 2-3 Fusselschlingen, um Kiesel abzubinden. Man sollte im jeweiligen Schwierigkeitsgrad etwas über den Dingen stehen, besonders in den unteren Graden. Das Sturzgelände ist aufgrund der Ackerstruktur der Wände meist sehr schlecht. Lieber einen Gang zurückschalten. Trotzdem gelangen uns in sechs gemütlichen Klettertagen immerhin 14 Gipfel und 17 Routen (bis zu 10 SL lang).

 

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© Thomas Schaub