Salz und hohe Haufen – Atacama/Altiplano (Oktober 2022)

Im Oktober 22 ging es endlich mal in die Atacama bzw. ins angrenzende Altiplano in Chile und Bolivien, was ich schon seit Jahren auf meiner Wunschliste hatte und es hat sich gelohnt! Eine doch eher abgelegene Ecke auf unserem Planeten, aber landschaftlich das ganz große Kino durch die Kombination von extrem trockener Wüste, Salzseen und hoher Gipfel, was nicht nur mein Fotografenherz, sondern auch das Bergsteigerherz erfreute. Zudem kamen Susanne und ich noch in den Genuss der ein oder anderen exotischen Salz- bzw. heißer Gumpe, was will man mehr.

 

Die Tour

 

 

Ob der etwas aufwendigen Planung und auch der Besonderheiten vor Ort machten wir das Ganze als organisierte Reise in kleiner Gruppe. Wir waren zehn Tage in Chile und vier Tage in Bolivien, wobei der Betreuungsschlüssel in Chile mit sechs Guides für uns sieben Gäste dann doch recht hoch war. Wir hatten öfters das Gefühl, dass die sechs Guides eigentlich zusammen eine Tour durch die Wüste machten und wir sieben Gringos nur dabei waren, damit es jemand bezahlt… In Bolivien waren es dann nur noch vier Guides (zwei der chilenischen und zwei Fahrer aus Bolivien). Los ging es in Arica, ganz im Norden Chiles und wir bewegten uns mit den Fahrzeugen (drei in Chile, zwei in Bolivien) durch sehr spärlich besiedeltes Land in der Atacama sowie im angrenzenden Altiplano. Größtenteils auf Schotterpisten und die meisten Tage waren lange Fahretappen mit Fotostopps bis zu unserm Endziel Calama, wobei es dann letztendlich doch 1700 km waren, die wir mit den Karren zurückgelegt hatten.

 

Durchaus interessant war die Begegnung im irgendwo im Gebirge zwischen Putre und Colchane mit dem, naja, internationalen steuerbefreiten Logistikgewerbe. Bolivien ist mittlerweile einer der größten Kokainproduzenten, das Land hat allerdings keinen Meereszugang für den Export in die lukrativen Märkte Nordamerika und Europa. Seit dem verlorenen Salpeterkrieg mit Chile hat Bolivien allerdings das Recht, die Straße von Bolivien nach Arica frei und ohne Kontrollen zu nutzen (auch den Hafen von Arica). Allerdings wird am Grenzübergang kontrolliert. Ergo, wenn die, äh, Ware irgendwie anders über die Grenze kommt und man besagte Straße nach Arica erreicht, werden die bolivianischen Laster nicht mehr kontrolliert. Im nirgendwo über 4000 m kam uns deshalb dort irgendwann ein Pick-Up ohne Nummernschild oder andere Erkennungszeichen aber dafür mit fetter Funkantenne entgegen. Das war wohl ein Scout, wie uns die Guides sagten. Die checken, ob irgendwo Polizei/Militär und die Strecke frei ist. Dann kamen uns 10 Minten später vier vollbepackte Laster, ebenfalls ohne Erkennungszeichen o.Ä. auf der Schotterpiste an der Grenze entgegen. Unsere Guides nur „wir bleiben jetzt auf keinen Fall stehen und ihr macht keine Fotos! Wenn wir die in Ruhe lassen, lassen die uns in Ruhe, die wollen auch keine Aufmerksamkeit!“ Naja, wenn die Laster voll beladen waren, dann war das wohl Ware mit einem Straßenwert bei uns von deutlich über 100 Mio €, da ist verständlich, dass die keine unnötige Aufmerksamkeit wollen… 

 

 

Die Salzseen

 

Ob der extremen Trockenheit finden sich in der Gegend eine Vielzahl beeindruckender Salzseen und mit dem Salar de Uyuni sogar der größte unseres Planeten. Zusammen mit den ganzen Vulkanen und der wüstenhaften Umgebung ergibt dies ein fantastisches Landschaftsbild. Vor allem die pfannkuchenflache strahlend weiße Riesenfläche des Salar de Uyuni ist einfach nur bizarr. Mit der Insel Incahuasi inmitten der epischen Salzfläche des Salar de Uyuni waren wir auch dort noch auf einem sehenswerten Ziel, vor allem durch die riesigen Kakteen, die dort wachsen.

 

Aber auch die anderen Salzseen, die teils noch Wasser hatten, waren aufgrund der dort zahlreich lebenden Flamingos und der interessanten Spiegelungen auf dem Wasser absolut sehenswert. Nochmal getoppt wurde das Ganze zum einen am Salar de Surire, wo es auf etwa 4200 m einen See mit etwa 40°C heißem Mineralwasser hatte, der zum Baden einlud, was Susanne und ich uns nicht entgehen ließen. Da es zig Stunden Fahrt via Schotterpiste von der nächsten Siedlung entfernt lag war dort außer uns auch niemand, aber das war echt eine der genialsten Badestellen in der ich bislang war. Da konnte man es wirklich aushalten!

 

Bei San Pedro de Atacama gab es dann kleinere Salzgumpen mit gesättigter Salzlake (allerdings nur „normal“ temperiert), die wie im Toten Meer zum genüsslichen Schweben einlud. Das war mal echt lässig, v.a. wenn man bedenkt an einem der niederschlagärmsten Ecken der Erde in einem natürlichen Pool mitten in der Wüste zu planschen.

 

 

Die Gipfel

 

Die Region ist geprägt durch eine Vielzahl von Vulkanen, etliche davon in der 5000-6000 m Liga. Da die Gegend wie schon erwähnt recht niederschlagsarm ist, sind viele Gipfel gegen Ende der Trockenzeit im Oktober, trotz Höhe, schneefreie. Das es Stratovulkane sind, sind die meisten auch technisch unschwierig, allerdings ob des meist losen Vulkanmaterials und der Höhe anstrengend zu besteigen. Da der letzte 6000er bei uns dann doch schon ein paar Jahre her war, wollten wir bei der Tour auch mal wieder rien paar höhere Haufen besteigen. Da Susanne und ich vor geraumer Zeit mit dem Rauchen aufgehört hatten, ging das Ganze diese Mal auch etwas leichter.

 

Wir waren zwar bzgl. Akklimatisierung die ganze Zeit recht hoch unterwegs, allerdings war die anfängliche Akklimatisierung doch etwas ruppig-herb. Die erste Nacht waren wir noch in Arica auf Meereshöhe. Die zweite Nacht dann schon auf 3600 m in Putre und anderntags dann gleich die Wanderung auf den Akklimatisierungsgipfel Volcan Churicagua auf 5256 m. Da kam ich dann doch schon ins Schnaufen, ging aber (Susanne war an dem Tag leider aufgrund Montezumas Rache außer Gefecht gesetzt, war tags drauf aber schon wieder fit).

 

Das Höhenprofil der Reise

 

Als 6000er war unser Ziel der Uturuncu in Bolivien. An sich vom technischen Anspruch her wohl der einfachste 6000er der Anden (ich bezeichnete ihn als „Breithorn der Anden“), wenn die Abgelegenheit nicht wäre, weil man muss halt erst mal hinkommen und das dauert selbst mit dem Geländewagen eine ganze Weile, weshalb er trotz Einfachheit recht selten bestiegen wird. Hat man aber einen soliden Geländewagen und einen sehr guten Fahrer, dann kann man am Uturuncu bis auf 5700 m mit der Karre fahren (früher gab es dort Schwefelminen) und hat dann nur noch etwa 300 hm Aufstieg zum Gipfel. Und das haben wir auch so gemacht, es müsste auch eine der höchstegelegenen, naja, „Straßen“ des Planeten sein. Ob der nur paar Höhenmeter war das Ganze für Susanne und mich gar kein Problem und wir erreichten den Gipfel zügig. Die Aussicht von dort oben war halt mal wieder fantastisch, viele andere Vulkane und Salzessen, ohne Anzeichen von Zivilisation weit und breit. Der Gipfel steht echt JWD.

 

Gleich tags darauf dann auf das bergsteigerische Highlight mit der Besteigung des Licancabur (5920m). Dem fehlen zwar paar Meter zu den 6000, dafür ist es ein wunderbar formschöner Stratovulkan, der die Szenerie um San Pedro de Atacama beherrscht. Und mit 1300 hm Aufstieg durch loses Material auch ein ganz andere Anspruch als der Uturuncu. Den machten wir dann auch noch als fünf Gäste der Gruppe (zweien war das zu anstrengend) und wir hatten eine chilenischen und einen bolivianischen Guide. In sieben Stunden hatschten wir auf den erhabenen Gipfel mit seinem tollen Kratersee, angeblich der höchstgelegenste See des Planeten (noch mal so ein Superlativ). Auch das lief bei Susanne und mir wirklich gut, wir waren deutlich weniger im Arsch als damals in Peru, nicht mehr zu rauchen hilft hier auch sicherlich. Lustig war unser chilenischer Guide, der der Meinung war, er muss eine Sauerstoffflasche mitschleppen, falls einer der Gäste die Höhe nicht verträgt! Auf einen nicht mal 6000er, das kam mir schon bizarr vor, vor allem da es eigentlich kein Problem ist jemanden von so einem technisch einfachen Vulkan wieder runterzubekommen wenn Höhenkrankheit einsetzt (hatten wir in Peru damals auch bei zwei Gästen). An einem 8000er ist das wohl durchaus sinnvoll, aber auf grad mal 6000m? Naja, da wir ein gutes Tempo draufhatten und er durch die Sauerstoffflasche den mit Abstand den schwersten Rucksack, hatte er grad oben raus Mühe noch mit uns mitzuhalten und kam eher auf dem Zahnfleisch am Gifpel an, so dass ich schon befürchtete, er braucht den Sauerstoff selbst. Der Abstieg ging dann vulkanmäßig durch Abrutschen deutlich schneller als der Aufstieg und letztendlich hatten wird den Licancabur in einer 10 h Tour gemacht. Unser Guide mit der Sauerstoffflasche war den Tag darauf dann übrigens erledigt und krank…

 

 

Die bizarren Orte

 

Neben diversen gottverlassenen Nestern auf dem Altiplano (oft aber mit wirklich hübschen kleinen Kirchen!) stachen doch einige hier nochmal heraus.

 

Zum einen gab es hier den aufgegebenen Bahnhof „Yuma“, mitten in den Bergen auf 4401 m. Die Häuser dort sind zwar mittlerweile im Verfallen inbegriffen, ab das man dort oben auf Gleisanlagen etc. trifft, erwartet man nicht wirklich. Der Bahnhof wurde damals wegen der nahegelegenen Miene auf bis zu 6000 m Höhe errichtet, aber irgendwann lohnte sich das nicht mehr und wurde aufgegeben und damit auch der Bahnhof. Immerhin besitze ich jetzt als Souvenir von dort zwei alte Gleisnägel und einen Brocken Schwefel…

 

Ebenfalls aufgrund der Eisenbahn, aber dort ist sie noch in Betrieb, gibt es das Nest Ollagüe. Es ist der Grenzort in Chile zu Bolivien auf 3660 m und da fährt sogar noch einmal am Tag ein Güterzug durch. Wenn man dort aber abends über die Gleisanlagen schlendert, den alten Bahnhof sieht und vor allem noch den 5800 m hohen, aktiven und rauchenden Vulkan direkt am Ort in Betracht zieht, dann kommt einem das schon eher wie eine Filmkulisse für einen Psychothriller vor. Ein bizarr-faszinierender de Ort mit einer Handvoll Einwohnern.

 

Und dann gibt es da noch den großen Dampflokfriedhof bei Uyuni. Die ausgeschlachteten Lokomotiven stehen dort am Rande des großen Salars vor sich hin und man kann da munter dazwischen rumschlendern bzw. auf den Loks rumklettern. Warum auch immer man die ganzen alten Loks an diesen abgelegenen Ort gebracht hat.

 

Ein weiterer Geisterort war dann noch Humberstone, was damals eine relativ große Stadt inmitten der Atacama war, wo sich alles um den Salpeterabbau- und die Aufarbeitung drehte. Die Stadt und die Industrieanlagen wurde aber in den 1950er Jahren aufgegeben und fristet nun sein Dasein als Geisterstadt (aber immerhin UNESCO Weltkulturerbe). Gerade die alten Industrieanalgen fand ich durchaus sehr interessant.

 

 

 

Die Viecher

Auch wenn es eher Wüste ist, gabs dort auch einiges an Viechern, was mich als alter Viecherfotograf ebenfalls sehr erfreute. Natürlich hatte es die üblichen Andenverdächtigen in der Gegend wie Lama, Alpaca, Vikunja und Flamingos, aber auch diverse Hasen sowie große Laufvögel, von denen ich gar nicht wusste, dass es sowas in Südamerika gibt! Aber Viecher gehen halt immer.

 

Alle sin allem eine super Tour, viel Salz und paar hohe Haufen! Eine echt interessante Gegend, die auf jeden Fall einen Besuch wert ist.

 

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© Thomas Schaub