Kalk und Fritten – Klettern in Freyr (Belgien)

 

Freyr, das heißt Klettern an herrlichem Kalk an mehreren bis zu  120m hohen Felsriffen, die direkt an der Maas stehen. Dazu hat es noch das schöne namensgebende Schloss als Hingucker auf der anderen Flussseite und netterweise sind die meisten der gut 600 Touren auch noch südseitig ausgerichtet. Da lässt es sich schon richtig gut in wunderbarer Landschaft eingebettet Klettern, was ich mit Hendrik De Winne als Local an einem sonnigen letzten Septemberwochenende 2023 auch tat und wir einen ganze Reihe Klassiker machen konnten.

 

Aber erst mal einige Worte zu diesem klassischen und auch größten Klettergebietes Belgiens. Die Felsen bei Freyr liegen in der Nähe des pittoresken Städtchens Dinant, wo die Maas die Ardennen durchbricht, etwa 3-4 Stunden mit dem Auto von der Pfalz entfernt. Die Touren verteilen sich auf zehn bis über 100 m hohe Felsriffe, wobei sich der Großteil der Kletterei an den südseitigen Wänden bzw. an den westseitigen Kanten abspielt. Die Nordseiten sind eher grün, aber auch dort hat es einige Bereiche blanken Felses mit Routen in hohen Graden. Der Fels selbst ist von hoher Güte, meist eher plattig kompakt in den Wänden, während die Kanten, wo viele einfachere Anstiege hochgehen, eher strukturiert sind. Die meisten Routen sind gut mit solide geklebten Französen gesichert. Zwar nicht im Baguettlängenabstand, aber doch so, dass man ohne mobile Sicherungsmittel zurechtkommt, wenn der Grad halbwegs sitzt. Die Schwierigkeiten müssen öfters auch mal etwas über dem Haken geklettert werden. Schwierigkeitsmäßig wird wirklich von allem was geboten und das auch in ausreichender Menge. So kann man Touren vom 2ten Grad bis zu 8c+ klettern.

 

Geklettert wird dort seit den früher 1930er Jahren, eine der ersten Routen („Le Merinos“, 1931) wurde sogar vom kletternden belgischen König Albert dem Ersten erstbegangen (von wem sonst…). Dadurch hat es in Belgien auch einen recht lange Klettertradition, die einige starke Kletterer hervorgebracht hat. Es seien hier nur stellvertretend Claudio Barbier, Jean Bourgois und Nicolas Favresse genannt. Tradition bedeutet in dem Fall aber auch eine traditionell strenge Bewertung auch nach dem Motto, wie man es bei uns bei vielen Klassikern kennt „War schon immer 6+!!!!“. Man sollte Reserven haben, gerade in alten Routen, da war bei uns einiges dabei, wo ich bei der Schwierigkeitsangabe paar Grade draufgepackt hätte. Zudem bedeutet die lange Klettertradition gerade in den leichtern Routen, also bis 6a, dass man öfters mal polierten Fels erwarten darf, was aber meist nicht wirklich stört.

 

Die Einstiege sind vom großen Parkplatz aus alle recht schnell erreichbar und von den Ausstiegen aus ist man auch in ein paar Minuten wieder beim Auto, also auch was für den lauffaulen Sportkletterer. Thema Ausstieg und Belgien: in unmittelbarer Nähe selbiger ist ein hervorragend Frittenrestaurant, welches sich auch bei den Kletterern großer Beliebtheit erfreut. Diese darf man sich dort wirklich nicht entgehen lassen, die doppelt frittierten belgischen Fritten sind einfach ein Traum, wenn auch leider nicht für Vegetarier/Veganer geeignet, da Rindertalg als Frittierfett verwendet wird. Die Auswahl an Bier zu den Fritten ist belgientypisch natürlich auch groß! Ein paar hundert Meter vom Parkplatz entfernt hat es auch eine immer offene Biwakwiese für die Kletterer, wo man als Kletterer über Nacht gegen eine kleine Gebühr sein Zelt aufstellen kann Toiletten hätte es für die Biwakwiesenbenutzer auch bei der benachbarten kleinen Hütte, so dass man auch recht spontan über ein Wochenende hin kann (keine Reservierung für die Wiese notwendig, einfach das Zelt aufschlagen und Morgens die Gebühr bezahlen).

 

Während die benachbarten Holländer mit gar keinem Fels bedacht wurden, haben immerhin die Belgier diesen prächtigen Kalk in ordentlichen Dimensionen abbekommen. Was aber auch dazu führt, dass sehr viele holländische Kletterer am Fels im Nachbarland sind, was am Wochenende doch zu einigem Trubel, aber auch Unterhaltungswert (Holländer in Klassikern…) führen kann.

 

Zurück zu unserem Kletterwochenende. Aufgrund oben genannter Rahmenbedingungen wie strenge Bewertung und Sandbags, hatte Hendrik das Heft in die Hand genommen, dessen Heimklettergebiet Freyr, von einem dreijährigen Intermezzo bei uns in der Pfalz abgesehen, seit über 20 Jahren ist. Als guter Gastgeber hat er mich dann durch eine Reihe großer Freyr-Klassiker bis 6a geführt (ich habe letztendlich nur 4 von 24 gekletternden Längen geführt). Und da waren schon ein paar richtige Kracher dabei. Zum Beispiel die „Diretissima“ am Al Lènge, mehr als 100 m gerade hoch in allerbestem Fels, exponiert, abwechslungsreich und hart. Aber auch die leichtere „Les 5 Ânes“ beeindruckte damit, wie verhältnismäßig leicht man dann doch durch diesen 100 m hohen senkrechten Pfeiler kommt. Spektakuläre Kletterei für eine 4c. Auch um den richtigen Einstieg im Wald in dem Fels-Wirr-Warr zu finden war ein ortskundiger Kletterer zu Beginn sicher nicht verkehrt.

 

Also, sowohl für den gemeinen Pfalz-Klassikerkletter als auch für die Sportkletterfaktion ist Freyr ein lohnendes Ziel, wo man durchaus mal hin kann. Ich zumindest werde mir sicher wieder das belgische Kalk-und-Fritten-Programm geben! Übrigens gibt es in einem Radius von 20 bis 60 min Fhrzeit auch noch viele andere Gebiete mit je mehr als 50-100 Routen gibt wie Dave, Yvoir, Beez, Flone und Sy.

 

Routen die wir am 30.09 und 01.10.23 geklettert haben:

 

Al Lègne: „Hypothenuse“ mit Ausstieg „L´al Legne“ (3a, 4b, 4a, 3a)

Les 5 Ânes: „Les 5 Ânes“ mit Ausstieg „La Traversée Bourgois“ (4b, 4c, 4c)

Le Mèrinos:  1. SL Just you and me, 2. SL Les „Anciens Belges“ und 2. SL „Le Baba au Rhum“ (5b, 5c, 6a)

Jeunesse: „L´Ancienne Jeunesse“ (3c, 2, 3c, 3c, 2)

Le Mèrinos: „Les Crêpes“ mit Einstieg „La Familiale“ (3c, 4b, 5a)

Al Lègne: „Diretissima” (4b, 5b, 6a)

Le Mèrinos: „Le Mèrinos“ mit Ausstieg „La Savonnette“ (2, 3c, 3c, 4b)

 

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© Thomas Schaub