Nach der leider verregneten PK-Fahrt an Himmelfahrt ging es für eine Handvoll Pfälzer Kletterer Anfang September für eine Woche ins Land der Tausend Sandsteintürme. Mit von der Partie waren Edi, Sebastian, Ken, Eva, Wolfi, Nina und meine Wenigkeit. Der Stützpunkt wurde in gewohnter Manier auf der Entenfarm errichtet und samstags ging es dann zum Warmklettern an die Schrammsteine. An diesem Tag kam noch ein Freund von mir aus Leipzig, Christian, vorbei der noch nie zuvor Klettern war. Aber wenn schon das Klettern lernen, dann wenigstens in dem Klettergebiet schlechthin. Nach einem Crashkurs in der HMS-Bedienung und im Abseilen stieg er mir dann ohne Murren die leichten Alten Wege auf den Bierdeckel, Zackenkrone, Unbenannte Spitze sowie Max und Moritz nach, wobei wir beide im klassischen Barfussstil kletterten. Einzig in der engen Kaminvariante zum AW auf die Flasche wurde mir der Nachstieg dann verweigert, aber kurz darauf noch mit der Nordwand (V) auf den Vorderen Torstein einer der lohnenden Perry-Smith-Wege zusammen begangen.
Derweil wählten Edi und Sebastian das Solo über den AW auf die Flasche als Aufwärmtour, um sich anschließend den anspruchsvollen AW (VIIa) auf die Jungfrau zu holen. Wolfi und Nina vergnügten sich an den Alten Wegen auf den Spitzen Turm, die Flasche (solo), auf die Zackenkrone und schließlich noch Max und Moritz. Ken und Eva kletterten über die Löschnerwand (IV) auf den Spitzen Turm und beide machten auch die Kaminvariante auf die Flasche.
Gut eingeklettert ging es dann anderntags an die Affensteine wo ich unbedingt mal meine Füße auf den imposanten Bloßstock stellen wollte. Den garstigen Wenzelweg ignorierend wählten wir die Kombination aus Bürgervariante (VIIa), Gipfelstürmrweg (VI) und den langen Kamin des Alten Nordweges (V) als Aufstieg durch die gesamte Nordwand, welche fast alpine Stimmung aufkommen lässt. Nach zwei leckeren „Dresdner Felsenkeller“ für die nötige Moral ging es dann zusammen mit Nina und Wolfi los, wobei dem Autor dieser Zeilen, welcher bis dahin nur äußerst bescheidene Sachsenerfahrung sammeln konnte, die Ehre des Vorstieges zukam, und damit auch gleich die Reihenfolge in dieser Konstellation für den Rest der Woche festgelegt war. Am Einstieg kräftig und dann auf herrlichen Eisenplatten über 2 SL zum Stand am großen Kamin, wo auch die Kühnsche Variante einmündet. Bis zum nächsten Stand dann noch gemütliches und vernünftig absicherbares Kamingeschrubbe, wobei dieser ab dem Stand zum Stemmkamin wurde, der zwar leicht zu klettern ist, aber mit Absicherungsmöglichkeiten geizt.
Weiter im Kamininneren, das Seil hinterher ziehend ging es dann munter nach oben. Als Wolfi mir dann aber mitteilte, das die Seilmitte gerade durch die Sicherung geloffen ist und ich dadurch wusste, dass das Seil nun 30 m frei in dem Kaminschlund unter mir durchhing, fragte ich mich dann doch kurz nach der Sinnhaftigkeit dieser Unternehmung. Es waren allerdings immer noch einige Meter und nun musste aufgrund des sich oben weitenden Kamins auch noch luftig ausgespreizt werden, was bei unveränderter Sicherungssituation nicht gerade Begeisterungsstürme bei mir auslöste. Am Kaminende dann glücklicherweise auf die richtige Seite ausgestiegen und noch mit einem Übertritt gekrönt zum Buch auf diesem mächtigen Klotz, wo wir uns dann das verdiente Berg Heil wünschten. Zur Abseile durfte noch mal spannend abgeklettert werden, da sich diese im Kamin vom Wenzelweg befindet (die Sachsen zeigen bei der Wahl ihrer Abseilstellen manchmal eine Art makaberen Humors). Beim Abseilen über diesen Weg konnten wir dann noch einer hier namentlich nicht näher genannten pfälzischen Seilschaft beim Rückzug behilflich sein, die sich gerade in diesem Weg einen ordentlichen Sack aufhingen. Der Wenzelweg sah beim Abseilen für einen Fünfer schon sehr düster aus und deshalb eher die Nordseite als leichter Aufstieg zum Gipfel empfehlenswert ist.
Weiter ging es zum Nonnengärtner, wo auch der Rest der Truppe war. Ken und Eva waren schon über den Südwestriss (VIIa) auf den Gipfel gelangt, wobei Sebastian und Edi danach ebenfalls diesen Weg kletterten. Wir stiegen in die Südwesterschneidung (VIIa) ein und ich in der Mitte der Verschneidung, auf das Schlingensammelsurium im Riss unter mir herabblickend, dann doch das Pfauenauge (VIIb) als Weiterweg wählte welches dort abzweigt, da die beiden Ringe in Reichweite einfach zu verführerisch wirkten. Wolfi bescheinigte durch lautstarkes Fluchen dann allerdings, das die gelegte Affenfaust anscheinend doch sehr solide im Riß lag, was wohl darauf zurückzuführen war, das ich diese noch mit dem Fuß im Riß festgetreten hatte.
Den Abend ließen wir dann in einer Wirtschaft in Hohenstein gemütlich ausklingen, wobei man aufgrund des sehr bescheidenen Essensangebotes für die Vegetarierin unter uns (Pilzspuppe, Erbsen mit Möhren) wieder einmal feststellen konnte, das die Gegend doch eher provinziell geprägt ist. Montags rief dann das hintere Bielatal, wo die Felsen nicht so hoch sind und das Gestein so schön strukturiert ist. In eingespielter Seilschaft kletterten Nina, Wolfi und ich erstmal an der Falkenwand den genüsslichen Alten Talweg (IV), um danach in die Südwestwand (VIIb) einzusteigen. Diese bietet kleingriffige Wandkletterei, wobei man bis zum zweiten Ring auch mal wirklich dranbleiben muss. Ken und Eva vergnügten sich derweil an der Westkante (VIIa) um danach ebenfalls den Alten Talweg zu machen. Bei Edi und Sebastian standen an diesem Tag Risse auf dem Programm, von welchen beide im Talweg (VIIb) am Stinkmorchel, Nordwestriss (VIIa) am Glatten Kegel, Hangelweg (IV) am Gespaltenen Turm, der Südverschneidung (VIIa) am Pfifferling sowie dem AW am Waldkauz ein reichhaltiges Betätigungsfeld fanden. Wir holten uns danach noch die 34te Begehung der Westkante (VI) am Hinteren Dürrebielewächter, eines immerhin 35 Jahre alten Weges, was wohl an dessen etwas seltsam kräftigen Einstieges mit miesem Absprunggelände liegt.
Wolfi wollte dann noch den Südwestkamin (III) an der Falkenwand klettern, während ich von der anderen Seite über die Südschlucht (I) zur Mitte dieses Weges krabbelte, um ein paar Bilder von Wolfis Aufstieg zu machen. Der Kamin war dann doch eher ungemütlich, so das wir beide den recht langen Ausstiegsskamin der Südschlucht wählten, was für einen Ier dann doch ziemlich spannend, brüchig, dreckig und schwer war (der eine bouldernd, der andere solo mit Seil am Gurt; bei uns würde das wohl unter IV E2 laufen) und sich dieser laut Gipfelbuch auch keiner sonderlichen Beliebtheit erfreut. Aber auch Müllwege müssen mal geklettert werden.
Abends beim Bier beschlossen wir Tags darauf eine Art Rasttag zu machen, woraufhin der Falkenstein als Ziel auserkoren wurde. Inspiriert von einer Geschichte aus dem „Die Spinnen die Sachsen“-Buch von Peter Brunnert brachen Sebastian und ich schon früh morgens vor den anderen auf, da das Mauseloch (III) auf die Zinne als quasi Pflichttour geklettert werden wollte. Um den Einstieg zu diesem zu erreichen ging es erstmal bis zum zweiten AR im Turnerweg hoch. Vor allem der dreigeteilte Kamin dort ist eine wahre Freude. Da klemmt einfach alles! Die Beschreibung im KleFü um zum Mauseloch zu gelangen stellte sich als relativ dürftig heraus, was zu etwas planlosem Schlottengekrabbel in den Eingeweiden des Falkensteins führte, bis wir endlich vor dem Loch standen.
Deshalb an dieser Stelle eine genauere Wegbeschreibung für etwaige Aspiranten: „Vom 2ten AR des Turnerweges nach rechts (Gesicht zu Tal) in engem Kamin zwei Meter runter. Dann gleich linkshaltend in mit Blockwerk gefülltem breiteren Kamin und zwischen dem Blockwerk einige Meter hoch, bis nach rechts ein sehr breiter Kamin in Richtung Talwand abzweigt. Diesen bis ans Ende laufen, wo sich kurz vor dem Abbruch in Richtung Tal rechts auf Schulterhöhe das kleine Mauseloch befindet“. Das Mauseloch selbst ist ein sehr kleiner Felsdurchschlupf, welcher in einen engen Kamin und über diesen zum Gipfel der Zinne führt. Wenn man das erste Mal davor steht glaubt man eigentlich nicht, dass man da durchpasst. Dies ist für Erwachsene ohne Übergewicht aber möglich, wenn man auf den Gurt verzichtet und nur eine dünne Lage Oberbekleidung trägt, wobei es trotzdem leicht vorkommen kann, dass es einem die Hose über die Knie zieht. Man sollte sich auf jeden Fall in sehr engen Räumen wohl fühlen, aber die Bilder sagen da mehr als Worte. Was Fehrmann und Perry-Smith damals geritten hatte, dort durchzukriechen ohne zu wissen ob man danach weiterkommt war uns nach der amüsanten Begehung wirklich schleierhaft. Auch das Anziehen von Gurt und weiterer Bekleidung im sehr engen Kamin nach dem Loch war nicht gar so einfach. Vom Gipfel der Zinne ging es dann wieder abseilend zum zweiten AR vom Turnerweg und auf diesem noch zum Gipfel des Falkensteins mit dem leichten Turnersprung (1) als Leckerli obendrauf.
Mittlerweile waren auch die anderen eingetroffen und Edi (solo), Wolfi und Nina sowie Ken und Eva stiegen in den herrlichen Schusterweg ein. Bei bestem Septemberwetter machten Sebastian und ich in Wechselführung noch die lohnende Kotzwand (VIIa), wobei uns im Ausstieg der „Scheisse-auf-der-falschen-Kaminseite-ausgestiegen“-Patzer unterlief, was Sebastian aber souverän durch etliche Meter abklettern löste. Auf dem Gipfel trafen wir dann auf Edi, Ken und Eva, die sich ein Sonnenbad gönnten. Edi und Ken konnten wir dann auch noch zum Mausloch überreden, zu welchem man von dort aus auch gut gelangt. Die beiden haben es auch nicht bereut, was man dem lauten Gelächter kurz darauf gut entnehmen konnte, als sie durch das Loch krabbelten. Auf dem Rückweg vom Falkenstein kamen wir dann noch an der Edelquacke Hirschzahn vorbei, welcher ausnahmsweise mal relativ trocken war. Über den seltsam schönen Highball „Schartenwand“ (VIIa) wurde mit Seil am Gurt das Gipfelchen erreicht, wobei mir Oben dann noch Nina, Edi und Sebastian Gesellschaft leisteten und es aufgrund der überschaubaren Gipfelfläche doch recht kuschelig wurde. Nach dem nicht gar so erholsamen Ruhetag ging es dann an die Tafelberge zum Pfaffenstein, der durch außerordentlich festen Sandstein überzeugt.
Wieder als Dreierseilschaft erreichten wir über die prächtige Südverschneidung (VI) den Förster, von welchem aus man eine herrliche Sicht auf die gegenüberstehende Barbarine hat. Sebastian und Edi kamen über den Südweg (VIIa) zum Gipfel und hängten dann noch die Talseite (VIIa) dran, an welcher sich auch Ken und Eva versucht hatten. Die Begehung der keimigen Reibungsplatte „Kahlschlag“ (VIIc) wurde aus moralisch-klettertechnischen Gründen kurz vor dem zweiten Ring durch Ausbüchsen meinerseits in den Birkenweg (III) beendet, wodurch zusammen mit Wolfi dann doch noch der Gipfel erreicht wurde. Über die alpin anmutende nasse Taubenschlucht ging es dann zu den ein Stockwerk höher liegenden Felsen. Als alter Gipfelsammler noch den grün-schlonzigen AW auf den Vierling hochgeschleimt, was aber nur bedingt lohnend war und das Grün dieser Schlotte sich auch auf die Kleidung übertrug. Oben angekommen, kletterten Ken, Edi und Sebastian über die Käferstiege (VI) auf den Westgipfel des Fritschfelses. Da sich das Buch allerdings auf dem Ostgipfel befindet, hängten diese noch den Sprung (2) dran. Da wir an unsere Knöchel denkend keine so große Lust aufs Springen hatten, ging es mit Nina und Wolfi über die Südrinne (VIIa) direkt zum Ostgipfel. Anschließend hängten wir drei noch die direkte Westkante (V) dran, welche für den Grad einen sachsenuntypischen stark abdrängenden Einstieg mit hallenartigen Henkeln bei gebietstypischer Absicherung aufzuweisen hat.
Anschließend kam dann der weitere Vorteil des Pfaffensteins zu tragen, nämlich die Kneipe auf dem Gipfelplateau, welcher wir zum Ausklang des Tages noch einen guten Umsatz bescherten. Nachts kippte dann leider das bis dahin stabile Wetter und der Regen zog ins Sachsenland ein. Als Regenprogramm ging es dann nach Hrnsko, wo wir uns erstmal mit diversem Kletterequipment eindeckten. Vor allem die mittlerweile schwer zu bekommenden knöchelhohen Kletterschuhe für die Rißfreunde unter uns zu osteuropäischen Preisen waren die Fahrt schon wert. Nach zünftiger böhmischer Kost und einer Auswahl an tschechischem Gebräu im Auto war dann für den Rest des Tages rumlungern auf dem Campingplatz angesagt. Da freitags morgens das Wetter auch nicht besser war fuhren wir zurück in die Heimat, wo wir dann wenigstens den Rest des Wochenendes in gewohnter Umgebung bei bestem Wetter noch was machen konnten.
Hier noch eine Anekdote zum Schluss: Auf der Heimfahrt machten wir noch einen Zwischenstopp im Bergsportladen einer sächsischen Kletterlegende in Hohenstein um zwei Elbi-Kletterführer zu kaufen. Beim Bezahlen derselbigen wurde ich von der Verkäuferin gefragt, ob ich noch Interesse an einer Teleskopstange (=Clipstick) hätte, mit der man Ringe von unten Einhängen kann. Daraufhin meinte ich nur zu ihr, dass dies doch unsportlich sei. Antwort der Verkäuferin: „Nu, is aber sischerer“. Naja, die Sachsen halt…