Top 50 - Klettern im Gritstone (August 2013)

 

Nordengland: Mistwetter und traditionelle englische Küche die noch schlimmer ist als ihr schlechter Ruf. Aber im Peak District zwischen Manchester und Sheffield befindet sich auch „God´s own Rock“: Gritstone, ein ultrafester Sandstein mit derber Körnung wie ihn sich ein Kletterer nur wünschen kann. Diesen unter die Griffel und Sohlen zu bekommen war Ziel der einwöchigen PK-Ausfahrt Mitte August 2013. Immerhin drei Seilschaften konnten sich trotz der eingangs erwähnten Unbill aufraffen, eines der traditionellsten Klettergebiete aufzusuchen: Anja und Edi, Marco und Bruno sowie Sebastian und ich. Das Wetter zeigte sich während der Tour von der besten englischen Seite: Acht Klettertage am Stück, davon acht mit Regen bei 15-20°C. Die Wettervorhersage: Jeden Tag gleich („Shower and Sun“) und so war es auch. Der ultrakompakte, nichtsandende Gritstone hat glücklicherweise die angenehme Eigenschaft, extrem schnell zu trockenen, wobei der allfällige Wind hilft, das man schon ein paar Minuten nach Regen wieder klettern kann. Würde dort bei dem Klima Pfälzer Buntsandstein stehen, er wäre wahrscheinlich schon längst verrottet. Zumindest bei der Gesteinswahl hat Mutter Natur also Gnade mit den Engländern walten lassen. Auch das Landschaftsbild dort ist England at his best: Hochmoore, liebliche alte Ortschaften, satt grüne Wiesen, viele Schafe und das alles durchsetzt von den Gritstone-Cliffs. 

 

Damit diese 10 bis 30 Meter hohen Felsen auch nicht von blinkendem Metall verschandelt werden, wird auf fixes Sicherungsmaterial verzichtet. Trad-Climbing ist oberstes Gebot, und auch Nachhol-oder Standringe sucht man vergebens. Selbst ist der Mann und der Erlebnisfaktor dadurch hoch. Schwere und sehr kühn oder gar nicht absicherbare Routen gibt es trotzdem zuhauf, in denen haben wir aber so gut wie niemanden gesehen. Der Großteil der Einheimischen treibt sich in leichten und moderat schweren Wegen rum (also bis HVS) und das allgegenwärtige Hexengebimmel in der Farnmacchia hat etwas Beruhigendes.

 

Es ist von allem etwas dabei, wobei es in jedem Schwierigkeitsgrad es eine Riesenauswahl an wirklich lohnenden Wegen gibt. Die Briten sind sich allerdings auch nicht zu schade sind, für sechs Meter Kletterei das Seil auszupacken und dies auch als Kletterroute im Führer anzugeben. Die dortige Schwierigkeitsskala ist für Kontinentaleuropäer nur schwer verständlich, wobei man manchmal das Gefühl hat, die Einheimischen hätten das System selbst auch nicht richtig verstanden. Vernünftig Rißklettern kann man dort übrigens auch und da hat es schon die ein oder andere klassische Perle, die einem die Zähne zieht. Wer es sich in ungängigen Rißbreiten mal so richtig geben will, der kann sich am „Right Eliminate (E3, 5c) in Curbar versuchen, den nur Bruno hochkam, oder zum Warm-up den „Hercules“ (E1, 5a) nebendran machen. Auch der „Peapod“ (HVS, 5b) dort war für mich erstaunlich dreidimensional ungängig.

 

Als Gäste nahmen wir uns darüber hinaus die Freiheit, munter die Rosinen aus dem sehr großen Kuchen an guten Routen zu picken und so wurden munter Wege aus der Top-50 Liste des Kletterführers abgehakt. Die Seilschaft Anja und Edi gingen es als Urlaub eher gemütlich an, vor allem da es für sie noch weiter nach Schottland ging. Marco und Bruno gaben richtig Gas und kletterten bis E4, während Sebastian und ich uns in Routen bis E1 rumtrieben. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen und so gelangen allein unserer Seilschaft trotz des nur mäßigen Wetters 88 Routen. Diese Routen wurden in den verschiedensten Gebieten geklettert, so dass wir in Bamford, Stanage, Higgar Tor, Curbar, Baslow, Froggatt, und Millstone klettern waren.

 

Der Besuch auf der Insel war alles in allem überaus lohnend und wer gerne in der Pfalz klassische Wege klettert wird sich dort sehr wohl fühlen. Die Anschaffung einer großen Plane im lokalen Baumarkt um uns auf dem Zeltplatz einen Regenschutz für die ganze Truppe zu basteln war zudem überaus hilfreich für ein gemütliches Beisammensein. Noch zuträglicher für das Gemüt war übrigens das indische Restaurant im Nachbarort, welches in der Woche viermal aufgesucht wurde und uns davor verschonte, zu oft in den, äh, „Genuss“ der klassischen englischen Küche zu kommen. 

 

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© Thomas Schaub