Das Velebit in Kroatien stand schon länger auf unserer Liste an Kletterzielen und Ende Mai 2025 hatte es dann auch endlich mal geklappt. Am Ende des Urlaubs kamen wir zu dem Schluss: Warum waren wir da noch nicht schon früher und da gehen wir wieder hin! Das Velebit bietet nämlich hervorragenden, wasserzerfressenen Kalk, der auch in niedrigen Schwierigkeitsgraden ein großes Repertoire auch an sehr schönen leichten Routen bietet, eingebettet in eine herrliche Landschaft bei der die blaue Adria auch nie weit weg ist. Von voll eingebohrten Klettergartenrouten bis hin zu langen Graten zum komplett selbst absichern wird auch hier einiges geboten, damit einem nicht so schnell langweilig wird. Wir hatten uns in Seline, ein paar Kilometer vom Nationalpark Paklenica entfernt, einquartiert, ein ruhiger Ort zum Abschalten. Der nächste Kiesstrand zehn Minuten zu Fuß entfernt und auch ein gutes kroatisches Restaurant („Bei Ivan“) in Laufreichweite in dem wir uns einmal durch die Karte gefuttert haben, was will man mehr. Im Meer war ich auch fast jeden Tag nach dem Klettern, das hatte schon 18°C, also ausreichend zum Schwimmen ab dennoch kalt genug, damit außer uns eigentlich als niemand am Strand war.
Neben dem Klettern im Velebit machten wir auch einen Tag einen Abstecher auf die Insel Pag um an dem bizarr verwitterten Fels in wüstenänhlicher Landschaft zu klettern. Die Luv-Seite von Pag ist nämlich voll den im Winter orkanstarken Bora-Winden ausgesetzt, weshalb es dort keine Vegetation gibt und eine Landschaft erzeugt, die eher an die am Toten Meer denn am Mittelmeer erinnert. Sehr unwirklich und auf jeden Fall einen Besuch wert.
Als, nennen wir es mal „Rasttag-Plus“ stiegen wir in einer sehr langen Tagestour noch von dem Vaganski Vrh (1757 m), dem höchsten Velebitgipfel aufs Dach. Landschaftlich überaus lohnende aber es waren dann halt doch 2029 hm Aufstieg, die wir uns in die Beine drücken durften, da man fast auf Meereshöhe startet und es noch einiges Auf- und Ab hat. Nach dem Rasttag waren wir auf jeden Fall mehr durch als nach den Klettertagen…
Zu den einzelnen Kletterzielen und Touren
Paklenica
Im Nationalpark Paklenica hat es hunderte sowohl voll eingerichtete als auch Trad-Routen (da ist für jeden was dabei), die man im Prinzip alle von der Schlucht aus angeht. Der Fels ist i.A. super, es gibt keinerlei Notwendigkeit Schrott zu klettern. Der Park kostet ein paar Euro Eintritt, dafür hat man eine sehr gute Infrastruktur, Klettern ist explizit gestattet und man ist als Kletterer herzlich willkommen (siehe auch: https://np-paklenica.hr/de/klettern-de/kletteranlage-de). Bissle Obacht bei den Meterangaben im Kletterführer: Das sind Höhen- und nicht Klettermeter. In senkrechter Wandkletterei ist das nicht relevant, bei längeren Grattopuren, gerade mit Flachstücken, kommen dann doch paar Klettermeter mehr zusammen als die angegebenen Meter im Kletterführer.
Gekletterte Touren:
Kukovi Ispod Vlake „Nosororg“ (4c): Einer der leichten Klassiker in Paklenica mit 0 Zustieg. Man startet wirklich direkt am Parkplatz und es geht in klarer Linie über einen Pfeiler in sechs Seillängen hoch. Die Route ist voll eingebohrt und ausgesprochen schön, dadurch aber auch sehr beliebt. Wir steigen schon um 06:30 Uhr ein und waren noch alleine. Als wir um 10 wieder unten waren, war in jeder (!) Seillänge eine andere Seilschaft…
Veliki Cuk, Kombi aus „Sjeverni greben“, „Sjerverno rebro“ und „Bijela rampa“ (4c): Lustige Kletterei in teils krass wasserzerfressenem Fels und Modell Bergfahrt, da man die Veliki Cuk von ganz unten angeht und überschreitet. Einstieg ganz unten am Pfeiler und die ersten leichten fünf Seillängen der voll eingebohrten „Sjeverni greben“ klettern. Dann aber in die letzten beiden Seillängen der „Sjeverno rebro“ wo man für 4c dann auch mal die Hände aus den Taschen und die Cams vom Gurt nehmen darf. Hier hat es nämlich nur noch ein paar Bohrhaken (ein paar wurden wohl durch Steinschlag abgeschlagen), es lässt sich aber gut zusätzlich Mobil absichern (Cams bis 3). Die Kletterei in dem kompakten Fels zuerst über eine wasserzerfressene Steilplatte und dann an Rissen entlang ist aber super! Dann im Einsergelände ein steiler Fußabstieg (Steinmänner) zur markanten „Bjiela rampa“ hinüber. Das klettert sich so lustig, wie es von unten aussieht. Ganz tiefe Wasserrillen und die drei Seillängen wurden auch bohrhakenfrei belassen, sind aber problemlos mobil absicherbar. Nach dem Ende der Tour im luftigen Einsergelände bis zum Gipfel, Abklettern in die Scharte zur Anica Kuk und dann auf dem Klettersteig bzw. Schotterfeld zurück in die Schlucht.
Veliki Vitrenik, Kombi aus „Oliver Dragojevic“, „Snoopy“ und Oprosti mi pape“ (4a): Abwechslungsreiche Kombi aus traditioneller Gratkletterei und dann Plaisirplatten. Über den bohrhakenfreien Grat (es stecken zwei Normalhaken) der „Oliver Dragojevic“ in etwa sieben Seillänge hoch (Stände sind nicht definiert, lassen sich aber gut an Gratzacken/Sanduhren einrichten). Es hat zwei kürzere steile Wandstellen wo man mal Klettern muss, ansonsten lustige Gratkrabbelei. Nach deren Ende querten wir dann rüber und ich macht die erste cleane Seillänge der „Snoopy“ um dann die beiden schöne 4a-Längfen der voll eingebohrten „Oprosti mit pape“ zum Gipfel zu nehmen.
Kuk Tisa, Kombi aus „Zubatac“ und „Izduzeno rebo“ (4b): Eine weitere Grattour aus der Schlucht hinaus. Die ersten beiden Längen über die eingebohrte „Zubatac“ in wieder einmal super Fels. Dann weiter bis ganz hoch dem Grat der Tour „Izduzeno rebo“ folgend. Laut Kletterfürher sollte die eigentlich auch voll eingebohrt sein, was sie aber nicht war. Wir fanden in den oberen fünf Seillängen genau einen Normalhaken, allerdings war das alles aber auch problemlos mobil absicherbar, von dem her war mir das auch egal.
Vaganac
Das Gebiet liegt auf 600-700 m Höhe direkt neben dem Nationalpark und es wird an Felstürmen mit tollem Meeresblick in allerbestem Kalk geklettert. Der Weg dorthin lohnt, vor allem an den bizarren Wasserrillen am Ferata sollte man mal Hand angelegt haben. Der Ercegov vrh ist auch ein richtiger Klettergipfel, da man auf dem einfachsten Weg hoch schon 4a klettern muss. Mit dem Auto von Starigrad aus in etwas 10 Minuten zu erreichen. Siehe auch: https://27crags.com/crags/vaganac
Vaganac, Ervcegov vrh, „Via Christa” (4a): Quasi der Normalweg auf den Ercegov vrh. Ein voll eingebohrte Plaisirkletterei in tadellosem und wie zu erwarten wasserzerfressenem Fels. Abstieg durch Abseilen in Aufstiegsrichtung (es hat zwei eingerichtete Abseilstellen).
Ferata, Vier namenlose Routen (4a, 4b, 4b und 5a): Alles eingebohrt. Im rechten, eher unspektakulären Teil hat es paar leichte Routen, davon hatten wir zwei gemacht. Das Highlight ist aber der linke Teil mit seinen sehr tiefen Wasserrillen. Die zentrale Rille (5a), die teils überhängt (!) habe ich mich hochgewühlt. Zum Glück in Schulterrissbreite, also Heimgelände für mich. Überaus bizarr-lustige Kletterei, die man sich mal geben sollte. Die leichtere, aber auch schöne Verschneidung links davon, hatten wir dann auch noch gemacht. Man beachte auf dem Bild die Kletterin in einer anderen Tour am Fels, die quasi voll in einer „Wasserrille“ steckt.
Pag
Auf der Insel Pag hat es ein eingerichtetes Klettergebiet in einem sonderbaren wüstenartigen Setting (siehe oben). Der Fels sieht mehr als bizarr aus. Wir nannten ihn „Schäfchenfels“, da er aussieht wie Schäfchenwolken. Man denkt erst es ist Bruch, das Material ist aber sehr solide und superrau. Kellenkletterei! Dazu direkt am Meer mit einem tollen Kontrast. Ob des sonderbaren Felse und der Landschaft aber auf jeden Fall einen Besuch Wert! Mit dem Stogaj hat es auch einen richtigen und stolzen Gipfel, des der auf dem einfachsten Weg schon 60 Meter erstaunlich pumpiger 5b Kletterei erfordert. Siehe auch: https://27crags.com/crags/pag
Die Touren sind alle voll eingebohrt und es gäbe auch noch viel Potential. Wir haben dort (ich noch den halben 5b-Normalweg auf den Stogaj….) munter einige Klettergartenruten in gemacht: „Konoba Loncaric“ (4b), Namenlose Platte daneben (~4a), „Frankennixe“ (4c), „Dehidriana ovca“ (5a) und die „Privi koraki“ (4a). Letztere trotz niederer Schwierigkeit eine 30-Meter Platte von außergewöhnlicher Schönheit.
Velebit, Wanderung auf den Vaganski Vrh (1757 m)
Die Wanderung auf den Vaganski Vrh (1757 m) ist vom letzten Parkplatz in der Schlucht von Paklenica eine ordentlich lange Tagestour, bei der man auch etwas auf die Uhr schauen muss, dass der Nationalpark nur von 06:00-20:30 Uhr geöffnet hat, falls man auch wieder mit dem Auto raus will. Wir sind zuerst an der mächtigen Anica Kuk vorbei aus der Schluchz hat heraus auf die Hochebene gestiegen. Dann durch sehr schöne Eichenwälder bis zur Hütte Ivancev Dom (dort könnte man auch übernachte und die Tour so auf zwei Tage verteilen). Bis dahin einfache und gut markierte Wanderwege. Dann steilte es sich auf und gegen Ende geht es gut 500 hm im Diretissimastil steil und mühsam die Flanke hoch auf das nächste Stockwerk. Hier muss man auch öfters genau nach den Markierungen schauen, da der Weg oft nicht ausgeprägt ist und wohl auch eher selten begangen wird. Oben angelangt dann noch durch lieblich sanfte Gebirgslandschaft bis zum Gipfel mit umfassender Aussicht auf das Velebit, Adria und das Hinterland. Lange, aber absolut lohnende Tour. Der Abstieg erfolgt dann auf einem anderen Weg und ging erstaunlich flott, da man auch mal 400 Höhenmeter Schnellabstieg im Schotter abrutschend machen kann. Klare Empfehlung es auf jeden Fall so herum zu machen, weil den Schotter will man echt nicht aufsteigen. Bei den Hütten dann noch auf bequemer Wandererautobahn durch die Schlucht zurück zum Auto. In Summe 2029 hm Aufstieg und 26.9 km Wegstrecke! A long day out…