200 km zu Fuß durch die Highlands: Schottland im September 2025

 

14 Tage in Schottland unterwegs und dabei nur 2 Stunden im Regen gelatscht bei 0 Mücken, sowas nennt man dort wohl Traumbedingungen!

 

Diesen September verschlug es uns auch endlich mal zwei Wochen zum Urlaub nach Schottland (die letzten Jahre war ich durch meine Professur an der Universität St. Andrews bedingt immer nur dienstlich dort) und es hatte sich beileibe gelohnt. Die schottischen Highlands sind bekanntermaßen eine landschaftlich sehr lohnende Destination allerdings mit unberechenbarem Wetter. Aber dagegen gibt es Goretexaußenhüllen, die zumindest gegen den gröbsten Regen und Wind helfen und das übliche sehr schwere schottische Frühstück (lecker Häggis und Blutwurst am Morgen) wärmt von Innen. Der reichlich dargebotene Whiskey blieb mir Abstinenzler als Wärmequelle leider nicht vergönnt

 

Die erste Woche wanderten wir sechs Etappen auf dem Rob Roy Way, wobei wir diesen noch großzügig modifizierten um einige Gipfel mitzunehmen, was schon mal 127.3 km Wegstrecke bei 3939 hm Aufstieg waren. Hierzu ließen wir uns im Vorfeld von einer Agentur die Unterkünfte buchen und auch einen Gepäcktransport organisieren. Unsere Kniescheiben sind schließlich auch nicht mehr die jüngsten und sollen noch ein paar Jahrzehnte mitmachen können. Der Rob Roy Way war alles andere als überlaufen und wir trafen nur eine Handvoll andere, die den auch machten (im Gegensatz zum sehr stark frequentierten West Highland Way). In einigen der Unterkünfte waren wir sogar die einzigen Gäste. Landschaftlich sehr abwechslungsreich führt er durch die südlichen, noch recht lieblichen Highlands und an vielen Lochs vorbei.

 

Der Rob Roy Way

 

In der zweiten Woche ging es dann mit dem Mietwagen weiter nach Norden. Zuerst zwei Nächte nach Fort William, um dem höchsten Briten bei bestem schottischen aufs Haupt zu steigen (Nebel und Neuschnee am Gipfel…) und dem wunderschöne Glen Coe einen ausgiebigen Wanderbesuch abzustatten.

 

Danach fuhren wir auf die Isle of Skye, die mittlerweile doch unter eher zu viel Besuch leidet. Was da noch Horden an Wohnmobilen unterwegs waren und an so völlig überlaufenen Zielen wie dem Old Men of Storr oder den Fairy-Pools sind wir einfach dran vorbeigefahren. Nichtsdestotrotz, die Insel hat einige wunderschöne Ecken und lohnt. Das Quiraing bei bestem Wetter im Sonnenaufgang war einfach nur bezaubernd schön und auch der Inaccessible Pinnacle, der schwerste der schottischen Munros (Munros = schottische Gipfel über 3000 Fuß), war eine super Bergtour.

 

Zum Abschluss dann auch noch zwei Tage nach St. Andrews in den Lowlands an der Ostküste. Landschaftlich was ganz anderes als die Highlands, aber St. Andrews ist auch eine Perle und einen Besuch wert wenn man kein Golf spielt (der älteste noch in Betrieb befindliche Golfplatz befindet sich dort, quasi geheiligte Golfererde) oder dort eine Vorlesung halten muss…

 

In Summe waren es dann ziemlich genau 200 km Wegstrecke und 8147 hm Aufstieg die wir uns in dem Urlaub in die Beine gelatscht haben. Ganz Ok für den Erholungsurlaub.

 

Zu den einzelnen Touren

 

Rob Roy Way Etappe 1: Drymen – Aberfoyle

 

Der Auftakt des Rob Roy erfolgt gemütlich, da man hier noch in den Lowlands losgeht und nach paar Kilometer zwar formell in den Highlands ist, davon aber erst mal wenig merkt. Es geht munter über Feld-, Wald und Wiesen nach Aberfoyle. Damit es nicht den Charakter einer Flachetappe hat haben wir am Ende dann noch den Aussichtsgipfel Craigmore über Aberfoyle drangehängt.

 

Rob Roy Way Etappe 2: Aberfoyle – Callander

 

Langsam wird es etwas bergiger. Auch hier wichen wir auf dem ersten Drittel vom eigentlichen Rob Roy Way ab, um den, wenn man nach dem Weg ging, eher seltener bestiegenen „Craig of Monievrecki“ mitzunehmen. Ein zwar wenig spektakulärere Haufen, dafür aber mit einer wunderbaren Rundumsicht auf die Low- und Highlands. Wir schlugen uns dann weglos durch die Heide auf den eigentlichen Rob Roy Way und hier durften wir dann den ersten intensiven Kontakt mit dem schottischen Morast machen, zum Glück haten wir frisch imprägniertes gutes Schuhwerk, da ging das halbwegs. Dann kamen auch die eingangs erwähnte 2 h des Urlaubs, die wir im ordentlichen Regen wandern durften. Am Loch Venachar vorbei erreichten wir dann Callander. Da es zwischenzeitlich wieder aufgehört hatte zu regnen erreichten wir die Unterkunft sogar wieder in trockenem Zustand. Es lebe das schnelltrocknende Goretex!

 

 

Rob Roy Way Etappe 3: Callander – Lochearnhead

 

Die Königsetappe über zwei Munros. Landschaftlich ein echtes Schmankerl. Im Original führt der Rob Roy hier 28 km im Tal parallel zur Straße entlang nach Lochearnhead. Allerdings bietet es sich an die Etappe durch die Berge zu legen und dabei die beiden Muros „Stuc a´Chroin“ und „Ben Vorlich“ mitzunehmen. Zuerst noch recht gemütlich einige Kilometer bis Arivurichadi von wo aus der eigentliche Anstieg beginnt. Über die Flanke führt der Weg auf einen Rücken, auf dem es dann quasi als Panoramwanderung mit Rundumsicht kilometerweit bis auf den „Stuc a´Chroin“ geht. Rundumsicht heißt aber auch, dass man voll dem Wind ausgesetzt ist und der blies an dem Tag richtig ordentlich. Aber gegen Wind hilf tauch Goretex, also hatten wir uns wieder in die Plastikhülle eingepellt. Die Gifpelrast ließen wir ob Wind aus und stiegen gleich ab in die markante Scharte zum Nachbargipfel Ben Vorlich hin. In der Scharte war es wenigstens halbwegs windstill und somit auch ein guter Rastplatz. Dann der Aufstieg auf den Ben Vorlich, der auch ein recht windiges Fleckchen Erde war. Das mit dem strammen Wind ließ dann erst nach, nachdem wir fast schon am Loch Earn waren. Dann noch 5 km flach am See entlang bis ins kleine Lochearnhead, wo wir eine sehr originelle Unterkunft in einem liebevoll renovierten 400 Jahre alten Hof mit einer noch originelleren Gastgeberin hatten.

 

 

Rob Roy Way Etappe 4: Lochearnhead – Killin

 

Die kürzeste Etappe zum Erholen. Man läuft auf einer alten Bahntrasse die auch über ein schönes altes Viadukt führt. Die Letzen paar Kilometer wieder durch Wald mit den schönen Stromschnellen der „Falls of Dochart“ am Ende.

 

Rob Roy Way Etappe 5: Acharn – Aberfeldy

 

Morgens gab es hier zuerst einen 30 km Autotransfer von Killin nach Acharn, weil es die 30 km sonst relativ monoton am Loch Tay entlang gegangen wäre. Von Acharn aus dann wieder zu Fuß zuerst an ein paar schönen Wasserfällen vorbei eine Etage höher. Dort konnten wir einen wunderbaren doppelten Regenbogen über dem tiefblauen Loch Tay bestaunen. Wir modifizierten dann wieder die Route um noch den Gipfel „Creag an Fuhdair“ mitzunehmen. Danach verbanden wir dann das Teilstück mit einer alternativen Route des Rob Roy Way, um durch ein langgezogenes einsames Tal dann bis zu den schönen „Falls of Aberfeldy“ zu gelangen. In dem hatte es auch endlich mal eine offene Schutzhütte, die sind nämlich auf dem Weg, trotz des unsicheren schottischen Wetters sehr rar gesät. Eigentlich war es die einzige an der wir überhaupt vorbeikamen…

 

 

Rob Roy Way Etappe 6: Aberfeldy - Pitlochry

 

Knapp die Hälfte der Etappe führt beschaulich am Fluß Tay entlang. Dann Anstieg über Wiesen und Wald. Oben wichen wir dann wieder vom Rob Roy ab um auf dem Clune Path noch einen Abstecher in Heide mit Weite zu machen. Das touristisch geprägte Pitlochry erreichten wir dann über eine hübsche Fußgängerhängebrücke und waren dann auch schon am offiziellen Endpunkt des Rob Roy Way.

 

 

Ben Nevis über die CMD Arête

 

Nach dem Rob Roy wurden wir an den Flughafen Edinburgh gebracht und holten uns dort einen Mietwagen ab, mit dem es dann in ~3h nach Fort William am Fuße des Ben Nevis ging. Dem höchsten Briten wollte ich auch schon länger mal aufs Haupt steigen. Die vergleichbar mickrigen Absoluthöhe von nur 1345 m verspricht erst mal, dass es ein lascher Wanderhügel ist. Allerdings ist die Nordostflanke wild felsig, der Gipfel steht recht weit im Norden und ist zudem durch seine Lage direkt an der Westküste voll den Wetterkapriolen des Nordatlantiks ausgesetzt. Das führt dazu, dass am Gipfel im Schnitt an rund 300 Tagen im Jahr Nebel oder Regen herrscht und es zu jeder Jahreszeit Schnee haben kann. Und unser Ziel für den Aufstieg war auch der nicht der technisch triviale (wenn kein Schnee liegt…) Normalweg aka „Tourist Route“ sondern die scharf geschnittene und wunderbare elegante Gratlinie der „Cárn Mòr Dearg Arête“ (=CMD Arête), die vom Nachbargipfel CMD herüberführt. Dessen Namen und die seiner beiden Nebengipfel „Cárn Dearg Meadhonach“ und „Cárn Beag Derag“ aus dem Gälischen übersetz ist übrigens auch lustig, denn die drei Namen bedeuten: „Großer roter Stein“, „Mittlerer roter Stein“ und „Kleiner roter Stein“. Kreativität in der Namensgebung wird überbewertet. Das Wetter an dem Tag war für Ben Nevis Verhältnisse OK: Gipfel im Nebel, in der Nacht über 1100 mit Neunschnee bedeckt, mäßig windig und immerhin kein Regen. Vom North Face Parkplatz führt ein zuerst guter Weg ins Tal zwischen CMD und Ben Nevis, von dem man dann aber bald abzweigte um im Direttisimastil über die morastige Grasflanke, zuletzt Schotter auf den CMD zu steigen. Auf dem lagen schon paar cm Schnee und wir hatten fast keine Sicht aber die Linie der CMD Arête ist ziemlich offensichtlich. Ob des Nebels war das ganze erstmal wenig ausgesetzt und gut zu gehen, wich man doch öfters auf einem Pfädchen ein paar Meter nach unten in die linke Flanke aus, wenn der Grat zu schmal wurde. Etwa in Gratmitte riss dann endlich der Nebel aus und gab den Blick frei auf die ganz Linie der CMD Arête und die Nordwostwand des Ben Nevis. Eine wunderbare und wilde Szenerie und man versteht dann auch, warum das bei britischen Alpinisten eine begehrte Tour (auch im Winter) ist. Ohne weitere Schwierigkeiten mit teils eindrücklichen Tiefblicken gingen wir den Grat bis zum Ende und die letzten 200 hm führten dann durch Blockwerk auf den Ben Nevis Gipfel, wo schon ordentlich was los war mit Leuten, die über den Normalweg hochgekommen sind. Nach einer Gifpelrast stiegen wir dann auch über die Tourist Route ab, auf der viel Betrieb war, eine völlig andere Welt als auf der einsamen CMD Arête. Als wir aus dem Gipfelnebel kamen hatten wir dann sogar noch eine richtig schöne Fernsicht, für den Ben Nevis ein gelungener Tag.

 

 

Glen Coe: Stob Coire nan Lochan, Bidean nam Bian und das Hidden Valley

 

Das Glen Coe gilt als eines er schönsten Flecken in den Highlands und ist verkehrstechnisch durch die Hauptstraße gut erschlossen, weshalb an den straßennahen Aussichtpunkten auch der Bär mit Selfietouristen steppt. Aber gegen Trouble hilft ein früher Start und Höhenmeter machen. Vom Three Sisters Parkplatz aus starten wir morgens um 7 Uhr bei einem herrlichen Sonnenaufgang und machten erst die etwa 1000 hm Aufstieg auf den Stob Coire nan Lochnan. Zuerst guter Weg, dann Wiesenmorast und am Ende Blockwerk. Leider zog es recht bald zu und wir tappten wieder im Nebel rum. Vom ersten Gipfel führte der Weiterweg wieder über einen Grat/Kamm zum Nachbargipfel Bidean nam Bian und von dort runter in die Scharte zum Stob Coire Sgreamhach hin. Ab der Scharte kam man über eine unangenehm steile Rinne (so stand es auch im Wanderführer…) an das obere Ende des Hidden Valley. Und genau dann riss der Nebel auf und gab blick auf das beeindruckende Hidden Valley. Was für eine vergessene Welt! Durch das komplette Hidden Valley wanderten wir dann zurück zum Ausgangspunkt.

 

 

Isle of Skye: Inaccessible Pinnacle

 

Weiter ging es nach Norden auf die Isle of Skye, nach dem höchsten der Munros war der technisch schwerste Munro, nämlich der Inaccessible Pinnacle das Ziel. Um auf diesen zu gelangen muss man nämlich schon irgendwo im dritten Grat auf äußert luftiger Schneide klettern, also kein Haufen mehr zum einfach hochwandern. Der Gipfel steht in der wild und alpin anmutenden Berggruppe der Black Cuillin (aka britische Alpen), ein Eldorado für ambitionierte Bergsteiger und Kletterer, allerdings mit dem notorisch instabilen Wetter der Hebriden gesegnet, was durch die Höhenlage der Gruppe noch verstärkt wird. Wie steht es schön im schottischen Kletterführer: „The black cuillins are attracting climbers and clouds as well“. Zum Glück war Mitte September die Mückensaison schon vorbei, diese Ecke soll nämlich noch zu den schlimmsten Mückenlöchern Schottlands gehören. Der Weg begann an der Hütte des Britischen Mountain Clubs und war zuerst recht gemächlich, bevor es dann recht abrupt steil, schottrig und wegfindungstechnisch nicht immer ganz definiert einen Schrofenrücken hochging, der im steilen Blockgelände endete und wir mittels Karabbelklettern den Vorgipfel erreichten. Von diesem an einem felsigen Grat entlang, oft luftig und mittlerweile leider im Nebel bis zum eigentlichen Inaccessible Pinnacle. Der ist ein überaus bizarrer Gipfel: Eine sehr schmale Basaltplatte, die orthogonal auf einer schrägen Gabbroplatte steht. Diese ist bergseitig senkrecht und etwa 20 m hoch, gen Tal aber ein etwa 60 m langer scharf geschnittener Grat, über den auch der Aufstieg in zwei Seillängen erfolgte. Wir standen mitten im Nebel, der Fels war feucht schmierig, es war windig und hatte frische 2°C. Doch eher trostlose Kletterbedingungen, für schottische Verhältnisse läuft das wohl aber noch unter „gut“. Aber egal, das Ziel war der Gipfel und ich machte mich auf den Weg. Sicherungen waren selbst anzubringen, was in dem Basalt halbwegs gut ging. Auf etwa 10 Metern wurde der Grat dann senkrecht und war dann keinen halben Meter mehr breit. Rechts und links ging es paar hundert Meter runter. Zwar großgriffige aber superexponierte Kletterer in einem bizarren Setting. Nach etwa 30 m bastelte ich mit Schlingen einen Stand um Susanne nachzuholen. In der zweiten Seillänge legte sich dann wieder etwas zurück und war dann relativ einfach. Am Gipfel wurden wird dann noch von einem jungen Solokleterrer überholt… Die Sicht war auch am Gipfel leider immer noch mau, aber was solls, wir hatten den schwersten Munro abgehakt und warn zufrieden! Der Abstieg erfolgte dann auf dem bekannten Aufstiegsweg.

 

 

Isle of Skye: Quiraing

 

Das Quiraing ist ein überaus schöne Ecke Der Isle of Skye, aber auch stark frequentiert. Also früh aufstehen und wir waren zum Sonnenaufgang dort. Gerade an dem Tag war das Wetter mal super, so dass das die Felsen- und Graswunderwelt des Quiraings in ein bezaubernd warmes Morgenlicht getaucht war. Absolutes Photographenwetter und außer uns tappten morgens nur eine Handvoll anderer dort rum. Recht schnell verließen wir den offiziellen Weg und krabbelten auf schmalen Pfädchen erst mal in die Felsformation „The Prison“, was ob schwerer Zugänglichkeit schone etwas an ein Gefängnis erinnere. Danach kreuchten wir im Steilgras hoch zur beeindruckenden 28m Felsenadel „The Needle“ und weiter zwischen den ganzen Basalttürmen in dieser Felsenstadt herum. Ein großer Spielplatz und außer uns beiden mühte uns sich niemand dort hoch, obwohl man gerade von dort aus die besten Perspektiven zum Photographieren hatte. Nach einem Abstecher auf den Tafelfelsen „The Table“ mit seiner Gipfelwiese kreuchten wir steil wieder auf den Hauptwanderweg herunter, wo dann schon gut was los war. Als wir Mittag wieder an dem großen Parkplatz ankamen war der voll belegt und ein mordsmäßiger Trubel. Schon krass, was so paar Stunden ausmachen können.

 

 

St. Andrews

 

Auf dem Weg nach St. Andrews machten wir noch einen Pflichtstopp am ikonischen Eilean Donan Castel („Es kann nur einen geben!“) sowie am Loch Ness. Nessie war aber wohl leider gerade außer Haus. Im beschaulichen und mir wohlbekannte St. Andrews ließen wir es dann gemütlich mit einem ausgedehnten Strand- und Küstenspaziergang, einem Besuch der Strandsaune (Abkühlbecken war die 13°C Nordsee), ordentlichem Essen und Besuch meiner Freunde dort ausklingen.

 

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© Thomas Schaub