Skibergsteigen in Spanien auf allerbestem Niveau, das kann man, wenn die Bedingungen stimmen, in den Pyrenäen haben! Und so war es bei uns in der ersten Märzwoche 2025 mit Pulver, Firn und reichlich Tapas.
Die Pyrenäen stehen skitechnisch in Mittel/Westeuropa im Schatten der Alpen, aber das zu Unrecht! Mit Gipfelhöhen von bis zu 3404 m und teils schroffer aber sehr skitauglicher Topographie lässt sich da schon einiges machen. Mit den gleichen Jungs wie schon 2024 in der Türkei (siehe Harakiri in Hakari) unter professioneller Führung von Javier Martin (siehe: Wiki-Eintrag Javier Martin) konnte wir uns in sechs Tagen gut 6000 hm Aufstieg und genauso viele Meter Abfahrt im Gelände unter die Ski drücken.
Unser Stützpunt war in Vielha, ein Skiort mit allem was man so braucht, zentral im spanischen Teil der Pyrenäen gelegen. Eine skitaugliche Schneedecke hatte es zwar erst so ab 1800 m, was aber für unser Touren völlig ausreichend war, da man teils recht hohe Ausgangspunkt anfahren kann. Ein paar hundert Höhenmeter die Ski mussten wir nur bei der zweiten Tour tragen, ansonsten waren es alles Touren, die wir komplett auf den Ski machen konnte. Die ersten zwei Tage und am letzten Tag war es bewölkt mit teils etwas Schneefall, was aber nicht störte. Traumwetter hatten wir hingegen bei der Besteigung des Pico D´Aneto (3404 m), dem höchsten Gipfel der Pyrenäen, welcher das Highlight der Tour war und mit zu den 10 besten Skitouren gehört, die ich je gemacht habe. Von den Schneeverhältnissen her hatten wir auch Dusel und entweder Pulver oder Firn in den Abfahrten. Die Abfahrtshänge warn öfters großzügig breit und steil, so dass es wirklich echt Bock gemacht hat. Ok, mit Javier hatten wir auch einen Guide, der früher zur Weltspitze der Wettkampfskibergsteiger gehörte, der hatte schon ein sehr gutes Gespür für gescheites Gelände. Ohne ihn mit seiner Ortskenntnis wäre es sicher deutlich schlechter gelaufen. Grundsätzlich ist auch skitourentechnisch deutlich weniger los als in den Alpen, außer am Pico D´Aneto waren wir auf den anderen Touren alleine und hatten größtenteils unverspurte Abfahrten. Dazu kommt noch die lässige spanische Lebensart und wir haben uns im Anschluss an die Touren mal munter durch die Tapas-Bars dort gefuttert. So war es leicht, die tagsüber abgeschmolzenen Energiedepots wieder aufzufüllen.
Die gemachten Touren im Detail:
1) Tuc deth Rosari (2607 m) und Forquete d´Àrreu (2410 m)
Startpunkt an der Talstation Plan de Beret (1863 m) und erst relativ flach durch lichten Wald und später im freien Gelände ostwärts zum Coll del Rosari. Weier südwärts zum Gipfel des Tuc deth Rosari (2607 m), die letzten paar Meter steiler und die Ski tragend. Dann in schöner Abfahrt (Stellen bis 35°) im besten Skigelände bis auf 2200 m. Auffellen und westwärts zum Forquete d´Àrreu (2410 m) aufsteigen. In langer Abfahrt in ebenfalls sehr schönem freien Skigelände bis zum See und dann dem Aufstieg folgend zurück zum Parkplatz.
2) Scharte (2570 m) unter dem Tuca Blanca de Poméro
Start am Parkplatz des Refugi dera Artiga de Lin auf 1471 m. Hier mussten wir zuerst, dem Wanderweg folgend, die Ski bis auf etwa 1800 m tragen, ab dort hatte es dann eine geschlossene Schneedecke. Ostwärts in vielen Spitzkehren und bis 35° steilen Hängen (Schneebrettgefahr beachten!) zum Lac de Pomero. Von diesem südwärts, zuletzt in einem schönen aber teils ebenfalls bis 35° steilen Hang zur Scharte unter dem Tuca Blanca de Poméro auf 2570 m. Abfahrt bis auf 1800m mehr oder minder dem Aufstieg folgend durch perfektes und rassiges Ski Gelände. Wir hatten Pulver und es war eine traumhafte Abfahrt!
3) Aufstieg zum Refugio de la Renclusa (2137 m)
Start am Parkplatz des Hospital de Benasque (1745 m) und zuerst ostwärts für 2.5 km der Langlaufloipe im Talgrund folgen. Dann südöstlich den lichten Wald hoch querend bis zum auch im Winter bewirteten Refugio de la Renclusa. Dort Übernachtung
4) Pico D´Aneto (3404 m)
Das Highlight und eine absolut lohenden Skihochtour! Die Route geht über die noch verbliebenen Gletscher, die aber spaltenfrei sind. Der kurze Gipfelgrat ist sehr ausgesetzt und erfordert ein paar Meter Kletterei im zweiten Grad. Hierfür ist die Mitnahme von Steigeisen, Gurt, Pickel und kurzem Seil auf jeden Fall angeraten, wenn man denn bei Winterbedingungen zur Gipfelmadonna will. Wenn nicht beendet man die Tour 50 m vor dem Gipfel am Skidepot.
Vom Refugio de la Renclusa geht es in unzähligen Spitzkehren in bis zu 35° steilem Gelände (Schneebrettgehfahr beachten) nach Süden bis man den Übergang Portillón Superior auf 2899 m erreicht. Das ist die erste Schlüsselstelle und hängt stark von den Bedingungen ab. Vom Portillón Superior geht es kurz sehr steil (45°), wohl meist zu Fuss auf der anderen Seite hinunter und weiter den immer noch steilen Hang querend bis man ins flachere Gelände kommt. Das erste steile Stück lässt sich auch mit Seil sichern (Block in der Scharte als Fixpunkt). Wir hatten guten Stapfschnee, weshalb wir das problemlos mit den Ski in der Hand tragend machen konnten. Bei Eis oder Hartschnee sind Steigeisen/Pickel hier sicher nicht verkehrt. Danach relativ flach weiter in Richtung zum ab hier sichtbaren Pico D´Aneto. Ab etwa 3100 m steilt sich dann der Gipfelhang auf (bis 35°) und bei guten Bedingungen, wie wir sie hatten, mit Ski bis zum Gipfelgrat rund 50 m vor dem Gipfel. Dort Skidepot und sehr ausgesetzt über den Grat mit Steigeisen zur Gipfelmadonna. Die Rundumsicht ist super! Zurück zum Skidepot und den skifahrerisch sehr lohnenden Gipfelhang hinunter, dann aber nicht weiter der Aufstiegsspur folgen, sondern Richtung des Sees in weiterhin perfektem Skigelände abfahren. Von diesem aus weiter in Richtung Collado de La Renclusa. Dann entweder dorthin nochmal aufsteigen und den Hüttenaufstieg abfahren oder wie wir es gemacht haben nach Osten abbiegen und bis in den Talgrund abfahren. Teils relativ flach mit einigem Stockeinsatz zurück zur Loipe und auf dieser zum Auto skaten.
5) Vorgipfel des Tuc de Parros (2672 m)
Start am Parkplatz Beret (1850 m) und zuerst leicht ansteigend nordwärts über freie Hänge und dann lichten Wald bis ins nächste Tal. Weiter recht flach westwärts ins Tal bis man, gegen Ende steil (teils >35°) nordwestwärts zum Vorgipfel des Tuc de Parros gelangt. Abfahrt nach Südwesten über den etwa 400 m hohen idealen 30° Skihang. Wir hatten Firn, ein Traum! Weiter zu Cóth des Clósos, auffellen und bis kurz unter den Cap des Clósos aufsteigen. Dann eine weitere schöne Abfahrt über freie Hänge nach Südosten und am Schluss übe die Skipiste zurück zum Parkplatz.
6) Coll de L´Estany Gelat (2585 m) und Refugio de Saboredo (2367 m)
Ob der ganzen Gegensteigungen und den langen Querungen ist das eher als Skiwandern anzusehen, denn bis auf ein steiles aber toll zu fahrendes Couloir halten sich die Abfahrtsfreuden doch in Grenzen. Da es aber durch den Nationalpark mit seinen vielen Seen und toller Felslandschaft geht lebt diese Tour mehr vom Ambiente. Zudem kann man noch in eiern tollen urigen Hütte einkehren. Start am Parkplatz Bonaigua nach Süden mit wenig Höhengewinn die Hänge querend bis man an den ersten kleinen See gelangt. Dann über mehrere Seen in schöner Felslandschaft und gegen Ende immer steil werdendes Gelände (>35° am Schluss) zum Coll de l´Esany Gelat. Abfahrt nach Westen auf den Lac Glacat de Saboredo. Vom Ende des selbigen durch ein steiles Couloir (bis 45° steil) hinab zum Lac Major de Saboredo. Das Couloir ist nicht sonderlich lang, aber ein echtes Schmankerl. Weiter zum Refugi de Saboredo, dort am Besten Einkehr, der Weg zurück dauert noch. Danach eine kurze Abfahrt gefolgt von einer etwa 5 km lange Querung in Richtung Norden, am Besten mit Fellen wegen dem vielen Auf- und Ab bis man die Skipiste erreicht. Auf dieser zurück zum Parkplatz.
Eine kleine Geschichte zum Schluss:
Zu Belustigung der anderen hatte ich auch es mal wieder geschafft, mich zum Brot zu machen: Am zweiten Tag machten wir ein Gruppenphoto vor dem Aufbruch zur Tour mit aufgeschnalltem Rucksack und den Ski dran. Ich wollte etwas Posen und stieg auf ein kleines Mäuerchen für das Bild. Danach sprang ich lässig runter und beim Aufkommen machte es einen ordentlichen Knall. Ich raffte erst gar nicht was los war, aber der Rest der Gruppe lachte sich schon kaputt. Tja, da hatte sich mein Lawinenairbag durch die Erschütterung bei Aufkommen ausgelöst, obwohl der Auslösegriff noch verstaut war. Das sollte eigentlich nicht passieren, aber wenn es jemandem passiert, dann mir.
Eine neue Gaskartusche für den Airbag konnte ich in Vielha nicht auftreiben, das kümmerte mich dann aber auch nicht weiter, da ich den Lawinenairbagrucksack schon 10 Jahre habe ohne ihn je benutzt haben zu müssen. Tja, zwei Tage später in der Abfahrt vom Pico D´Aneto fuhr ich als Zweiter nach Javier, der ein paar Kilo weniger auf den Rippen hat als ich, in einen knapp 30° steilen Nordhang. Plötzlich macht es „Wumms“ und ich sehe wir etwa 5 Meter über mir der Hang anreißt und der Hang sich bewegt. Ich nur „Scheisse, Lawine!“ und tat intuitiv das Richtige indem ich im Schuss seitlich aus dem abgehenden Schneebrett rausfuhr. Außer einem gehörigen Schreck ist mir zum Glück nichts passiert. Kaum hat man mal keinen funktionierenden Airbag, kommt man natürlich in so eine Situation. Als ich daheim war habe ich als erstes die Kartusche des Airbags zum Wiederbefüllen eingeschickt…